Tel Aviv

Scharfe Kritik am Goethe-Institut: »Inakzeptabel und respektlos«

Ist empört: Israels Botschafter in Berlin, Ron Prosor (hier bei einer Veranstaltung am 2. November) Foto: picture alliance/dpa

Eine gemeinsam vom Goethe-Institut und der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisierte Veranstaltung in Tel Aviv am morgigen 9. November sorgt für politische Diskussionen. Israels Botschafter in Berlin, Ron Prosor, schrieb am Dienstag auf Twitter: »Am Gedenktag an die Novemberpogrome 1938 haben das @goetheinstitut und die @rosaluxstiftung beschlossen, die Erinnerung an den Holocaust zu verharmlosen. Und das ausgerechnet in Israel. Das ist inakzeptabel und respektlos!«

Der Bundestagsabgeordnete Frank Müller-Rosentritt schloss sich der Kritik an. »Wir dürfen nicht zulassen, dass im Rahmen der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Versuche unterstützt werden, das Gedenken an den Holocaust und die Nakba in Beziehung zu setzen«, schrieb er auf Twitter. Dass dies vom Goethe-Institut ausgerechnet in Israel und ausgerechnet am 9. November geplant sei, nannte der FDP-Politiker einen »Skandal«.

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Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, forderte die Absage oder zumindest Verschiebung der Podiumsdiskussion. Deren Terminierung auf den 9. November nannte er eine »Relativierung der Novemberpogrome« von 1938.

Ähnliche Worte wählte das American Jewish Committee (AJC) in Berlin. »Dass dies auch noch durch Steuergelder finanziert wird, ist inakzeptabel.« Das Goethe-Institut wird maßgeblich vom Bund finanziert und ist ein wesentlicher Bestandteil der auswärtigen Kulturpolitik Deutschlands.

STEUERGELDER Die der Partei Die Linke nahestehende Rosa-Luxemburg-Stiftung finanziert sich ebenfalls überwiegend aus Steuermitteln. Im Jahr 2020 bekam sie mehr als 80 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt und war damit die drittgrößte der sogenannten politischen Stiftungen in Deutschland. Die RLS unterhält Büros in Tel Aviv und Ramallah.

In der Vorankündigung der für 19 Uhr am Mittwoch terminierten Veranstaltung heißt es: »Fast 75 Jahre nach seiner Gründung bleibt Erinnern in Israel ein politisch umkämpftes Terrain. Jüdinnen und Juden richten den Fokus auf den Holocaust, Palästinenser:innen hingegen auf das Schicksalsjahr 1948, als Hundertausende Opfer von Flucht und Vertreibung durch jüdische Kämpfer wurden – arabisch als Nakba (Katastrophe) bezeichnet.« Der Berliner Historiker Jörg Gehrke sagte, mit dieser Einleitung werde ein »verkürzte Nakba-Narrativ bedient, das den arabischen Angriffskrieg [1948] auf Israel ausblendet«.

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Im Mittelpunkt des Diskussionsabends soll das neue Buch der taz-Journalistin und Publizistin Charlotte Wiedemann (Den Schmerz der Anderen begreifen) stehen. Darin plädiert die Autorin für »ein neues empathisches Erinnern, das verschiedenen Seiten gerecht wird und Solidarität statt Opferkonkurrenz fördert«.

THESEN Neben Wiedemann sollen auch Bashir Bashir, Professor für politische Theorie an der Open University of Israel und Senior Research Fellow am Van Leer Jerusalem Institute, und Amos Goldberg, Professor für Geschichte des Holocaust und Leiter des Forschungsinstituts für zeitgenössisches Judentum an der Hebräischen Universität von Jerusalem, an der Podiumsdiskussion teilnehmen. Als Moderatorin ist die langjährige Korrespondentin der »Frankfurter Rundschau«, Inge Günther, vorgesehen. Die Veranstaltung soll laut Goethe-Institut in englischer Sprache stattfinden und live per Zoom übertragen werden.

In einer E-Mail an das Goethe-Institut, die der Jüdischen Allgemeinen vorliegt, schreibt Volker Beck: »Man kann das fragwürdige Buch von Charlotte Wiedemann und seine Thesen gern diskutieren. Aber: Am 9.11. kann die Botschaft, zumal in Verbindung mit dem Hinweis auf die sogenannte ›Nakba‹, nur eine sein: Die Relativierung der Novemberpogrome und damit des Auftaktes zur Schoa.« Beck zufolge ist das Auswärtige Amt bereits mit dem Goethe-Institut in Israel im Gespräch.

Beck teilte dieser Zeitung außerdem mit, dass er sowohl Außenministerin Annalena Baerbock als auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger aufgefordert habe, in der Angelegenheit tätig zu werden.

Aus dem Auswärtigen Amt verlautete, »die Singularität des Holocausts« dürfe »zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt werden. Das ist auch eine Selbstverständlichkeit für die deutsche Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und eine elementare Grundlage der Zusammenarbeit mit allen Mittlerorganisationen.«

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