Kino

Sauerei im Nahen Osten

Bereit zum Dschihad: Jafaar und sein Schwein Foto: Verleih

Als palästinensischer Fischer kann man in Gaza kaum überleben. Die Israelis erlauben es nicht, mit dem Kutter weit herauszufahren. Und so angelt Jafaar nicht nur zu kleine und unverkäufliche Sardinen, sondern fischt auch schon mal Badelatschen und anderen Müll aus dem Meer. Doch es kommt für den frustrierten Fischer noch schlimmer: Eines Tages entdeckt er zu seinem Schreck ein Schwein in seinem Netz. Nicht einmal rosa ist das Vieh, sondern schwarz.

tabu Seine Religion verbietet Jafaar, das unreine Tier auch nur anzufassen. Ein Freund borgt ihm deshalb eine Kalaschnikow. Aber zum Töten ist Jafaar nicht geboren. Stattdessen versucht er sich als Geschäftsmann und will das Schwein verkaufen. Nachdem ein Versuch bei einem Deutschen, der in der Region arbeitet, scheitert (herrlich cholerisch: Ulrich Tukur), probiert es Jafaar bei den Israelis. Die Soldaten, die auf seinem Dach stationiert sind, kommen dafür nicht infrage, aber da gibt es ja noch die Enklave mit den Siedlern. Aber auch Juden dürfen keine Schweine halten. Nur die russische Neueinwanderin Elena nimmt es mit den Speisegesetzen nicht so genau und zieht heimlich Schweine auf. Sie will aber nur das Sperma von Jafaars Eber.

Vor dem Hintergrund des unendlichen palästinensisch-israelischen Konflikts setzt der französische Regisseur Sylvain Estebal in Das Schwein von Gaza auf Humor. Die absurde Komödie mit sympathisch surrealistischen Zügen, die diese Woche in die deutschen Kinos kommt, teilt kräftig nach beiden Seiten aus. Sture israelische Soldaten auf der einen Seite, islamistische Judenhasser auf der anderen. Die wollen Jafaar als Selbstmordattentäter rekrutieren. Er soll Buße tun, nachdem er ja mit dem Halten eines Schweins schwer gesündigt hat.
Aber als Killer ist Jafaar, wie gesagt, nicht sehr geeignet. Und so muss das aus Vietnam stammende Schwein den Sprengstoffgürtel tragen, was zu viel Chaos unter Israelis und Palästinensern führt, die sich ausnahmsweise einmal einig sind: Das unreine Tier muss weg. Am Ende sind Jafaar, Elena und das Schwein auf der Flucht …

slapstick Mit dem großartigen israelischen Schauspieler Sasson Gabai (bekannt als stoischer Dirigent aus Die Band von Nebenan) in der Hauptrolle, kann diese französisch-belgisch-deutsche Koproduktion überzeugen und gekonnt unterhalten. Gedreht werden sollte ursprünglich in Gaza selbst, aber das erwies sich schnell als ein Ding der völligen Unmöglichkeit. Allein das Einführen von fünf Schweinen war kaum zu organisieren und nach weiteren Problemen mit den diversen Autoritäten wichen die Macher lieber nach Malta aus.

Zu Recht erhielt der Film in Frankreich den César als bestes Regiedebüt und konnte dort in den Kinos 200.000 Zuschauer erfreuen. In den arabischen Ländern und in Israel wurde die Produktion bisher ebenso wenig gezeigt wie in den USA. Das liegt womöglich daran, dass Regisseur Sylvain Estebal weder Jude noch Araber, sondern Franzose ist. Damit ist er den Amerikanern wohl nicht authentisch genug. Israelis und Palästinensern wiederum mag die Friedensbotschaft am Ende des Films ein wenig zu idyllisch erscheinen.

Es gab Vorwürfe, in dem Film kämen die Israelis schlechter weg als die Palästinenser. Diese Kritik ist völlig unberechtigt. Eher könnte man dem Regisseur vorwerfen, niemandem wirklich wehtun zu wollen und ausschließlich auf Komik und Slapstick zu setzen. Wenn ein Film wie dieser, der so originell und komisch ist, in der Konfliktregion nicht einmal gezeigt wird, sagt auch das viel darüber aus, wie verfahren die derzeitige politische Lage ist. Immerhin tröstlich: Das Schwein von Gaza wird in den arabischen Ländern oft illegal aus dem Internet heruntergeladen. Manchmal kann auch Piraterie hoffnungsvoll stimmen.

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