Am Wochenende diskutierten in der Haupstadtvertretung des Software-Konzerns Microsoft 150 Teilnehmer beim »Future Mobility Berlin Camp 2014« über die Zukunft des Verkehrs. Bei der Veranstaltung, die von der israelischen Botschaft mitgetragen wurde, standen sichere und nachhaltige Verkehrsnetze im Fokus. Absicht der Veranstalter war es, »innovative und nachhaltige Strategien zu diskutieren, die zu abnehmendem Ölverbrauch, Effizienzsteigerungen, Änderungen des Verbraucherverhaltens, sauberen Treibstoffen und Verkehrsalternativen führen«.
Nach einer Rede des israelischen Botschafters Yakov Hadas-Handelsman diskutierten am Freitagabend Tomer Cohen, wissenschaftlicher Berater von Premierminister Netanjahu in Sachen ökologische Treibstoffe, und Boaz Mamo, Geschäftsführer der Firma EcoMotion, gemeinsam mit deutschen Experten über den Verkehr der Zukunft. Am Samstag wurden die Themen in Workshops vertieft. Unter anderem wurde der Bahnhof Berlin-Südkreuz mit dem abenteuerlichen Slogan »The Zukunftsbahnhof is an ›open playground‹ for Innovators« als Beispiel für die Bestrebungen der Deutschen Bahn vorgestellt, Innovation zu ermöglichen.
Transport Die israelische Designerin Ayelet Fishman stellte ihre Masterarbeit an der Kunsthochschule Weißensee über Transportsysteme der Zukunft vor. Mit Blick auf die Prognose, dass im Jahr 2050 voraussichtlich drei Viertel der Weltbevölkerung in immer größeren Städten leben werden, kommen laut Fishman erhebliche Probleme auf diese Städte zu: »Megastädte, Megatrends, Mega-Herausforderungen.«
Zurzeit würden, so Fishman, in Deutschland jährlich 4,4 Milliarden Tonnen Fracht transportiert, davon 72 Prozent auf der Straße. Zum Teil durch den Internet-Versandhandel bedingt, gebe es einen Trend zu immer kleineren und häufigeren Lieferungen im städtischen Bereich. Das führe dazu, dass Straßen, Anwohner und Umwelt übermäßig belastet würden. Fishman: »Ich kam zu dem Ergebnis, dass sich die urbane Logistik verändern muss.« Ihr Rezept dagegen hat sie »Lift« genannt – ein System autonomer Fahrzeuge, die Lieferungen zu Verteilpunkten in den einzelnen Vierteln bringen, um sie dann umweltfreundlich zu verteilen.
Umweltfreundlich Fishmans Konzept beginnt mit »zentralen Konsolidierungspunkten«. Um vorhandene Strukturen so gut wie möglich zu nutzen, sollen diese an Betriebshöfen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) eingerichtet werden. Diese liegen verkehrsgünstig an strategisch sinnvollen Stellen rund um die Innenstadt. Dort werden Waren angeliefert und auf »autonome Elektrofahrzeuge« geladen. Von den Betriebshöfen folgen die »Lift«-Fahrzeuge selbstständig Bussen und Straßenbahnen zu Verteilungspunkten – sogenannten Hubs – bei Bus- oder Tramhaltestellen. Dort setzen die Fahrzeuge ihre Ladung, spezielle Container, ab und nehmen leere Container wieder mit. Von diesen Hubs könnten dann die Lieferungen mit umweltfreundlichen Mitteln wie Fahrrädern oder Handwagen an ihren endgültigen Bestimmungsort gebracht werden.
Neben der klassischen Logistik könnten die Fahrzeuge auch für Müllentsorgung und für persönliche Transporte eingesetzt werden, so die Designerin. Wer zum Beispiel einen großen Einkauf nach Hause bringen möchte, könnte dann ein Fahrzeug samt Container über eine Smartphone-App buchen.
Die Teilnehmer der Konferenz waren sich einig, dass das größte Hindernis für solche Innovationen nicht die technische Machbarkeit sei, sondern Widerstände durch etablierte und politisch vernetzte Konkurrenz. Hier müsse man ansetzen. Nur so sei es am Ende möglich, eine Verkehrswende mit der Energiewende zu kombinieren.