Die Fotografin und Autorin Ruth Gruber ist tot. Die Amerikanerin starb am Donnerstag im Alter von 105 Jahren in New York, wie ihr Sohn mitteilte. Gruber gilt als eine der bedeutendsten Journalistinnen des 20. Jahrhunderts. Zudem gelang es ihr im Jahr 1944, rund 1000 Juden vor den Nazis und dem sicheren Tod zu bewahren.
Von Italien aus organisierte sie die Rettungsaktion und ließ die Flüchtlinge – von den Nazis mit U-Booten verfolgt – in die Vereinigten Staaten bringen. Gruber arbeitete damals für die »New York Herald Tribune« und war von US-Präsident Roosevelt auf die Geheimmission geschickt worden. Während der Schiffsflucht von Neapel in die USA interviewte sie die Holocaust-Überlebenden und machte mit Berichten und Fotos auf deren Schicksal aufmerksam.
»Exodus« Darüber hinaus dokumentierte die Journalistin, 1911 in Brooklyn als Tochter von Einwanderern aus Russland geboren, die Schrecken von Stalins Gulags, denen Millionen Menschen seit Mitte der 30er-Jahre zum Opfer fielen. Später gelang es ihr, seltene Einblicke in das Leben während der NS-Zeit zu erhalten und nach der Schoa eindringlich auf die Notlage von Tausenden jüdischen Flüchtlingen auf dem Flüchtlingsschiff »Exodus 1947« aufmerksam zu machen.
Berühmt wurde Ruth Gruber aber schon vorher: Mit 20 Jahren war sie die jüngste Frau der Welt mit einem Doktortitel. Den machte die Amerikanerin 1931 in Köln. Zu der Zeit entschloss sie sich, eine Hitler-Kundgebung zu besuchen. »Ich wollte einfach verstehen, warum so viele Menschen von ihm fasziniert waren«, erinnerte sie sich 2011 im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen.
Und die Neugier blieb. Sie wurde Auslandskorrespondentin, berichtete über die Nürnberger Prozesse und ebenjenes Flüchtlingsschiff »Exodus 1947«. Mit ihr kamen 4500 jüdische Flüchtlinge 1947 in Haifa an. Israels britische Besatzer verweigerten ihnen die Einreise. Gruber interviewte die erschöpften Passagiere, die auf drei Gefangenenschiffen zurück nach Frankreich geschickt wurden. Ihre Fotos von den menschenunwürdigen Zuständen brachten sogar ihren damaligen Chefredakteur zum Weinen.
Lesen Sie einen ausführlichen Nachruf in der nächsten Ausgabe am Donnerstag.