NS-Raubkunst

Ronald Lauder kritisiert Deutschland

Seit 1962 ist das Gemälde »Die Füchse« im Besitz der Stadt Düsseldorf. Foto: picture alliance/ Marcel Kusch/dpa

Kritik aus New York: Der Jüdische Weltkongress (WJC) hat Deutschland am Mittwoch zur Einhaltung 1998 in Washington vereinbarten Grundsätze zum Umgang mit NS-Raubkunst aufgefordert.

EMPFEHLUNG Anlass sind Befürchtungen auf Seiten des WJC, die Stadt Düsseldorf werde sich der Rückgabe des Werks »Füchse« von Franz Marc an die Erben von Kurt Grawi verweigern. Als Jude war der Bankier Grawi in der Zeit des Nationalsozialismus Verfolgungen ausgesetzt.

Im März hatte die Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz (die nach ihrer ersten Vorsitzenden oft auch als »Limbach-Kommission« bezeichnet wird), empfohlen, dass die Stadt Düsseldorf das Bild an die Erben Grawis zurückgeben solle, da es sich dabei um NS-Raubkunst handele. Rechtlich bindend sind die Empfehlungen des Gremiums aber nicht.

Der Jüdische Weltkongress befürchtet nun, dass die Verantwortlichen in Düsseldorf dem nicht nachkommen wollen. Der Düsseldorfer Stadtrat soll am Donnerstag in nicht-öffentlicher Sitzung über eine mögliche Rückgabe entscheiden. Vergangene Woche hatte sich bereits der Kulturausschuss der Stadt in mit der Frage auseinandergesetzt.

Es würde ein »schwerwiegendes und negatives Signal« in einer Zeit senden, »in der sich Juden in Deutschland über eine Zunahme des Antisemitismus sorgen«, erklärte der WJC in einer Pressemitteilung.

OB FÜR RÜCKGABE WJC-Präsident Ronald S. Lauder sagte: »Wir müssen in der Lage sein, Deutschland vollständig zu vertrauen, dass es als Teil seines Kampfes gegen Antisemitismus auch zu seinen Verpflichtungen steht, Nazi-Raubkunst zurückzugeben.« Lauder forderte die Kulturstaatsministerin des Bundes, Monika Grütters, auf, Deutschlands Verpflichtung im Hinblick auf die Washingtoner Erklärung und der darin verankerten Prinzipien erneut öffentlich deutlich zu machen.

Die Angesprochene wollte zu dem Fall aber nicht Stellung nehmen. Ein Sprecher teilte der Jüdischen Allgemeinen mit: »Die Empfehlung der Beratenden Kommission im Fall Die Füchse hat Staatsministerin Monika Grütters aus Respekt vor deren Unabhängigkeit bislang nicht kommentiert oder bewertet und wird dies auch weiterhin nicht tun. Die Komplexität des Sachverhalts ist allen Beteiligten sehr bewusst. Gleichwohl fällt die Entscheidung über eine Rückgabe des Bildes in die alleinige Zuständigkeit der Landeshauptstadt Düsseldorf.«

Wenn es nach deren Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) geht, wird das Gemälde restituiert. Bereits am 26. März 2021, dem Tag, an dem die Empfehlung der Beratenden Kommission veröffentlicht wurde, hätten sich die Stadtverwaltung und ihr Oberbürgermeister dafür ausgesprochen, der Empfehlung zu folgen und eine entsprechende Beschlussvorlage für die Ratssitzung angekündigt, sagte eine Sprecherin Kellers am Mittwoch dieser Zeitung. Keller erwarte eine klare Zustimmung zu seinem Vorschlag, das Bild an die Erben Grawis zu restituieren.

BEGRÜNDUNG Kurt Grawi hatte das Bild 1928 gekauft. In der NS-Zeit war der Bankier und Unternehmer erheblichen Repressalien ausgesetzt. 1938 war er einige Wochen lang im Konzentrationslager Sachsenhausen nördlich von Berlin interniert. Im darauf folgenden Jahr gelang es ihm, nach Chile auswandern, wo die Familie seiner Frau lebte.

1940 musste Grawi das Gemälde »Füchse« verkaufen, weil er mittellos war. Via New York kam es 1962 als Schenkung in den Bestand der Städtischen Kunstsammlung Düsseldorf. Sein Wert wird heute auf mindestens 14 Millionen Euro taxiert.

Nach Auffassung der Limbach-Kommission soll das Bild restituiert werden, obwohl der Verkauf selbst in den USA abgewickelt wurde. Die Veräußerung durch Grawi sei unmittelbare Folge seiner Flucht vor den Nazis gewesen. Der Ort der Veräußerung trete demgegenüber in den Hintergrund. Die Empfehlung der Kommission erging mit einer Mehrheit von sechs zu drei Stimmen. mth

Alexander Estis

»Ich bin Pessimist – aber das wird bestimmt bald besser«

Der Schriftsteller über die Folgen der Kriege in der Ukraine und Nahost, Resilienz und Schreiben als Protest

von Ayala Goldmann  12.12.2024

Kino

Film-Drama um Freud und den Lieben Gott

»Freud - Jenseits des Glaubens« ist ein kammerspielartiges Dialogdrama über eine Begegnung zwischen Sigmund Freud und dem Schriftsteller C.S. Lewis kurz vor dem Tod des berühmten Psychoanalytikers

von Christian Horn  12.12.2024

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Dezember bis zum 18. Dezember

 12.12.2024

London

Hart, härter, Aaron Taylor-Johnson

Ein Marvel-Schurke zu sein, ist körperlich extrem anstrengend. Dies räumt der jüdische Darsteller nach dem »Kraven The Hunter«-Dreh ein

 11.12.2024

PEN Berlin

»Gebot der geistigen und moralischen Hygiene«

Aus Protest gegen Nahost-Resolution: Susan Neiman, Per Leo, Deborah Feldman und andere verlassen den Schriftstellerverein

 11.12.2024

Medien

»Stern«-Reporter Heidemann und die Hitler-Tagebücher

Es war einer der größten Medienskandale: 1983 präsentierte der »Stern« vermeintliche Tagebücher von Adolf Hitler. Kurz darauf stellten die Bände sich als Fälschung heraus. Ihr »Entdecker« ist nun gestorben

von Ann-Kristin Wenzel  10.12.2024

Imanuels Interpreten (2)

Milcho Leviev, der Bossa Nova und die Kommunisten

Der Pianist: »Ich wusste, dass ich Bulgarien verdammt zügig verlassen musste«

von Imanuel Marcus  10.12.2024

Glosse

Der Rest der Welt

»Mein kleiner grüner Kaktus« – ein Leitfaden für Frauen von heute

von Nicole Dreyfus  10.12.2024

Gelsenkirchen

Bayern-Trainer Kompany: Daniel Peretz genießt mein Vertrauen

Daniel Peretz soll Manuel Neuer bis zum Jahresende im Bayern-Tor vertreten. Trainer und Mitspieler vertrauen dem Israeli. Neuer könnte in einem Monat in Gladbach zurückkehren

 10.12.2024