Wer vor gut 82 Jahren in Südafrika auf die Welt kam, wurde mit der als Apartheid bekannten, rassistischen Politik des Regimes von Pretoria groß. So ging es Manfred Sepse Lubowitz, dessen Eltern David Lubowitz und Alma Cohen Juden aus Litauen waren. Weder sie noch er selbst ahnten, dass er schon bald die Welt mit eingängigen Rock-Hits erobern würde.
Die Grundlagen für sein zukünftiges Lebensprojekt eignete er sich während eines Musikstudiums an der University of the Witwatersrand an. Es gab jedoch ein Problem – den Rassismus. Im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen sagte Lubowitz: »Ich hasste Südafrika. Ich hasste, dass man die Vorstellung akzeptierte, andere Menschen seien minderwertig.«
Jahrzehntelang wurde in Südafrika die Mehrheit der Schwarzen diskriminiert, ausgeschlossen, unterdrückt, ausgebeutet und eingesperrt. »Dies akzeptierten damals fast alle Weißen, auch die jüdische Community«, so Lubowitz.
PSEUDONYM Im Jahr 1961 hatte er genug. Er verließ Südafrika und lebt seither in Großbritannien, wo er zunächst einen Job als Autor für eine Publikation namens »Jazz News« annahm. Und weil sein Name zu lang war, wählte er das Pseudonym Manfred Mann. Dieser Name wurde zu einer Marke, die für überzeugende Rock-Hits stand. Doch wer glaubt, Mann denke gern an die Anfänge zurück, liegt falsch.
»Ich habe absolut keine Nostalgie für die 60er-Jahre«, so der Musiker. »Natürlich weiß ich, dass es Leute gibt, die enttäuscht sind, das zu hören.« Doch Lubowitz hat seine Gründe: »Die Partys waren im Allgemeinen langweilig, da sich jeder der Berühmtheiten bewusst war, die dort waren. Musiker sind aber nicht wirklich interessanter als Gebrauchtwagenverkäufer. Wir sind lediglich in der Lage, Instrumente zu spielen, und hören die Dinge anders.«
In den 60ern, dem Jahrzehnt, in dem Mann als Band-Chef und Keyboarder große Hits wie »Mighty Quinn« von Bob Dylan aufnahm, gab es eine ganze Reihe weiterer Probleme: »Die Konzerte waren schlimm, die Soundsysteme grottenschlecht, und schreiende Mädchen übertönten die Musik, die wir spielten. Die Arbeitsbedingungen waren so mies.«
TRADITION Mann bezeichnet sich als säkularen Juden. »Ich habe nichts gegen ein Minimum an jüdischen Traditionen. Diese können gut sein, aber wenn man zu sehr an etwas glaubt, kann dies nach hinten losgehen.« Bei Mann, das ist offensichtlich, steht die Musik im Vordergrund.
Vor gut 60 Jahren gründete Mann mit dem Multiinstrumentalisten Mike Hugg die Mann-Hugg Blues Brothers. Die nächste Band hieß einfach nur Manfred Mann. Trotz ihrer Hits wurde sie schon 1969 von ihrem Gründer aufgelöst. Manfred Mann wäre aber nicht Manfred Mann, wenn er nicht sofort die nächste Gruppe auf die Beine gestellt hätte, nämlich Manfred Mann Chapter Three. Dieses Projekt war für experimentellen Jazz-Rock bekannt.
Improvisation ist der Aspekt, der es für den mittlerweile betagten Rockstar interessant macht, weiterhin seine vielen Hits zu spielen: »Ich spiele auf der Bühne Soli und improvisiere. Aber vielleicht ist dies nicht Jazz, sondern eher eine Art Crossover-Synthesizer-Spiel.«
popularität Später gründete der Rocker die Manfred Mann’s Earth Band. Auch mit dieser Combo landete er einen Hit nach dem anderen. Es handelte sich um Cover-Songs. »Spirit in the Night« und »Blinded by the Light« wurden von Bruce Springsteen komponiert, »Demolition Man« war von The Police und »Davy’s on the Road Again« von The Band. Dass wenig Eigenkompositionen auf Manns Hitliste standen und dass er in nur neun Liedern selbst sang, tat der Popularität der Gruppe keinen Abbruch.
Überall kam das Publikum in Massen. Auch in Deutschland gilt dies bis heute.
Wegen der Apartheid wanderte er 1961 nach England aus.
Sein deutsches Publikum unterscheide sich nicht sehr von Fans in anderen Ländern, sagt Manfred Mann. »Allerdings klatschen die Amerikaner auf zwei und vier, aber die Deutschen auf eins und drei. Die Amerikaner sind diejenigen, die es richtig machen.« Grundsätzlich sei das Publikum älter geworden, »wie wir alle«.
Israel Zu den unzähligen Ländern, in denen die Manfred Mann’s Earth Band in den vergangenen Jahrzehnten auftrat, gehört auch Israel. »Unser Publikum dort besteht hauptsächlich aus russischen Juden. Aber für mich ist ein Konzert ein Konzert. Ich fühle keine engere Verbindung, denn diese Konzerte unterschieden sich nicht von andernorts absolvierten Vorstellungen.« Es gehe um die Frage, ob die Band gut spiele und ob die Erwartungen des Publikums erfüllt würden. »Meine ›Stammesverbindung‹ war bei den Konzerten in Israel weitaus weniger wichtig als die Musik.«
Nach sechs Jahrzehnten auf der Bühne gibt sich Manfred Mann weiterhin bescheiden: »Ich bin ein ungewöhnlicher Synthesizer-Spieler, nicht der beste, aber ich habe einen bestimmten Stil. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich jüngere Musikergenerationen beeinflusst habe.« Auf die Frage, wie er es schafft, noch mit 82 Jahren Rock und Action auf die Bühne zu bringen, antwortet Mann knapp: »Ich mache Gleichgewichtsübungen.«