»Und der Haifisch, der hat Zähne. Und die trägt er im Gesicht.« Die Liedzeile aus der 1928 uraufgeführten »Dreigroschenoper« ist auch fast 100 Jahre später unzähligen Menschen bekannt. Auch die Melodie dazu haben noch viele im Ohr. Sie stammt von Kurt Weill, einem deutsch-jüdischen Komponisten, der am 2. März 1900 - vor 125 Jahren - in Dessau geboren wurde. Sein Todestag am 3. April 1950 jährt sich in diesem Jahr zum 75. Mal.
Die »Dreigroschenoper«, deren Text der Schriftsteller Bertolt Brecht (1898-1956) schrieb, war für Weill der künstlerische Durchbruch. Nach der Flucht vor den Nationalsozialisten aus Deutschland konnte er schließlich in den USA seine musikalische Karriere fortsetzen.
Sein Talent scheint ihm wie in die Wiege gelegt: Weill stammt aus einer musikalischen Familie. Im Jahr 1900 kommt Kurt Julian Weill in Dessau im damaligen Herzogtum Anhalt zur Welt. Sein Vater Albert ist Kantor und Religionslehrer an der dortigen jüdischen Gemeinde und wohnt mit seiner Familie im Rabbinerhaus.
Musikalisches Talent
Schon früh zeigt sich Weills musikalisches Talent. Bereits im Alter von 13 Jahren schreibt er erste Kompositionen, mit 16 gibt er bereits Klavierunterricht. Zwei Jahre später zieht es ihn nach Berlin, wo er ein Studium an der Hochschule für Musik beginnt. Nach einem ersten Engagement als Kapellmeister am Stadttheater im westfälischen Lüdenscheid ist Kurt Weill Meisterschüler des italienischen Komponisten, Dirigenten und Pianisten Ferruccio Busoni (1866-1924) an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin.
In dieser Zeit zeichnet sich bereits Weills politische Ausrichtung ab. Er tritt der »Novembergruppe« bei, einer Künstlervereinigung, deren Namen sich an die Novemberrevolution von 1918 anlehnt: Radikale Demokratisierung, insbesondere der Kunst, die eine gesellschaftliche Verantwortung habe. Zugleich lernt Weill auch seine spätere Ehefrau Lotte Lenya (1898-1981) kennen, die er 1926 heiratet.
Ein Jahr später beginnt die Zusammenarbeit mit Brecht, deren erste künstlerische Frucht das »Mahagonny Songspiel« ist. Lenya tritt hier erstmals als Sängerin von Weill-Kompositionen auf. Mit der »Dreigroschenoper« landen Weill und Brecht einen Riesentreffer: Das Theaterstück, das in London spielt und eine Welt aus Betrügern, Prostituierten und Bettlern zeigt, ist eine Satire auf die bürgerlich-kapitalistische Zeit der Weimarer Republik.
Notenblätter brennen
Nach der Uraufführung im Berliner Theater am Schiffbauerdamm im August 1928 wird die »Dreigroschenoper« zum größten Erfolg der 1920er Jahre auf den deutschen Theaterbühnen. Brecht begründet hier seine Erzählform des »Epischen Theaters«. Der Zuschauer soll nicht in eine imaginäre Welt flüchten, sondern die realen gesellschaftlichen Zustände kritisch betrachten. Weill mischt dazu Elemente des Jazz, Kirchen- und Opernwerke mit Unterhaltungsmusik. Neben der »Moritat von Mackie Messer« gehört die »Seeräuber-Jenny« bis heute zu den Klassikern.
1930 wird in Leipzig die gemeinsam mit Brecht geschriebene Oper »Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny« uraufgeführt. Bereits jetzt wird deutlich, dass sich das politische Klima in Deutschland ändert. Die Kapitalismuskritik in dem Stück löst rechtsradikale Ausschreitungen aus. 1933 nimmt Weills Karriere dann zunächst ein jähes Ende. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird seine Musik verboten, bei der Bücherverbrennung im Mai 1933 brennen auch einige von Weills Notenblättern.
Der jüdische Komponist flieht aus seinem Heimatland zunächst nach Paris und zieht 1935 schließlich in die USA, deren Staatsbürgerschaft er 1943 annimmt. Hier hat Weill erneut Erfolg, unter anderem am New Yorker Broadway mit dem Musical »Lady in the Dark« (1941). Zudem komponiert Weill 1938 die Musik zum Film »You and Me« von Fritz Lang. Im Alter von gerade 50 Jahren stirbt er am 3. April 1950 in New York.
Neue Genres
»Kurt Weill kann man als einen der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts bezeichnen«, sagt die Künstlerische Leiterin des Kurt Weill Festes in Dessau-Roßlau, Constanze Mitter. Er gelte als Erneuerer des musikalischen Theaters und Pionier der musikalischen Moderne. Mit dem »Epischen Theater« und den »Musical Plays« am Broadway habe er neue Genres begründet.
Seine Geburtsstadt Dessau, inzwischen zu Dessau-Roßlau vereinigt, widmet ihm seit 1993 das jährlich stattfindende Kurt Weill Fest. Und da geht es nicht nur um Musik: So setzen sich Jugendliche in ganzjährigen Projekten auch mit Themen wie Antisemitismus, Flucht oder Vertreibung auseinander, wie der Präsident der Dessauer Kurt Weill Gesellschaft, Thomas Markworth, betont. Das im Oktober 2023 eröffnete neue jüdische Gotteshaus heißt »Weill-Synagoge«. Und auch die Musikschule der Stadt trägt den Namen des berühmten Sohnes.