Daniel Donskoy

»Reingeboren in ziemlich heikle Themen«

Der Schauspieler hat ukrainisch-russische Wurzeln – und sieht sich zunehmend in der Rolle des Kriegsdeuters

von Jonas-Erik Schmidt  11.03.2022 12:19 Uhr

Der Schauspieler Daniel Donskoy: Seine Mutter stammt gebürtig aus der Ukraine, sein Vater aus Russland. Foto: imago/Tinkeres

Der Schauspieler hat ukrainisch-russische Wurzeln – und sieht sich zunehmend in der Rolle des Kriegsdeuters

von Jonas-Erik Schmidt  11.03.2022 12:19 Uhr

Daniel Donskoy sitzt in einer Hotellobby, das Smartphone griffbereit. Er ist unterwegs, das sieht man, aber er hat sich etwas Zeit genommen. Er bekommt momentan viele Nachrichten.

»Ich bin in Themen reingeboren worden, die alle ziemlich heikel sind«, stellt der Schauspieler fest, der spätestens seit seiner WDR-Talkshow Freitagnacht Jews als jemand gilt, der gesellschaftspolitisch etwas zu sagen hat. Donskoy, selbst Jude, wirft in dem Format einen anderen Blick auf die Lebenswirklichkeiten von Juden in Deutschland.

tragweite Das Thema, um das es nun gehen soll, ist eines, das in seiner Tragweite für viele Menschen in Deutschland über Nacht in den Alltag einbrach: der Krieg in der Ukraine. Donskoys Mutter stammt gebürtig aus der Ukraine, sein Vater aus Russland. Donskoy (32) selbst wurde in Moskau geboren, er spricht auch die Sprache. Da seine Eltern die Sowjetunion kurz nach seiner Geburt verließen, wurde er zwar zum größten Teil in Deutschland sozialisiert – aber er merkt, wie sich die aktuelle weltpolitische Lage mit seiner Biografie verzahnt.

Mit jeder neuen Nachricht verstehe er gerade mehr, warum seine Eltern damals gegangen seien, sagt Donskoy.

Mit jeder neuen Nachricht verstehe er gerade mehr, warum seine Eltern damals gegangen seien, sagt Donskoy. »Sie wollten nicht in einem restriktiven Land bleiben, sie wollten frei denken und leben«, sagt der 32-Jährige. »Das totale Einschränken aller freien Meinungsäußerungen und der Möglichkeiten zur Meinungsbildung, ist genau das, was wir gerade in Russland beobachten.«

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Aus seiner Familie ist ihm die Unterscheidung zwischen Ukraine und Russland eigentlich fremd. »Ich habe mir in meiner Familie nie darüber Gedanken gemacht, ob wir aus der Ukraine kommen oder aus Russland«, sagt er. »Wir kamen aus der Sowjetunion. Auf familiärer Ebene wurde vor 1990 da überhaupt kein Unterschied gemacht.«

konflikt Dennoch sieht er sich nun in der Situation, dass ihn Menschen fragen, wie der Konflikt zu verstehen ist. Das Leiden der ukrainischen Zivilbevölkerung gehe ihm sehr nah. »Sie werden gerade mit Bomben überschüttet«, sagt Donskoy. Auf der anderen Seite besorge es ihn, was mit den Russen passiere. »Die Sanktionen sind richtig, um Putin und seine unmittelbare Umgebung, Oligarchen und Nutznießer des diktatorischen Systems zu treffen«, sagt er. »Aber sie isolieren auch ein ganzes Volk.« Es sei in Russland kaum noch möglich, internationale Stimmen zu hören.

»Ich frage mich, wenn ein Land komplett isoliert wird von innen aber halt auch von außen, nährt das nicht auch das Narrativ eines Diktators?«, sagt Donskoy. Das beschäftige ihn gerade. »Auch wenn es darum gerade nicht geht. Es geht natürlich darum, dass Putin Raketen auf unschuldige Menschen schießt. Und das ist ein Verbrechen.«

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Donskoy, den viele auch aus der RTL-Serie Sankt Maik kennen, hat in den sozialen Medien viele Follower aus Russland. Er versucht, sie mit Informationen zu versorgen, wie er sagt. Aber das werde von Tag zu Tag schwerer. »Das Narrativ, dass angeblich Faschisten und Nazis die Ukraine regieren, greift immer stärker«, sagt er. »Ich kriege jetzt Nachrichten wie: Wie kann es sein, dass ein Jude Nazis unterstützt?«

anfeindungen Auch Anfeindungen landen in seinen Postfächern – weil er sich gegen den Krieg ausgesprochen hat. »Mein Instagram ist voll mit diesem »Z«-Symbol von Leuten, die für Putin sind«, sagt Donskoy. »Und es kommt auch noch viel Schlimmeres.«

Den Geburtsort, die Wurzeln, die bekommt man einfach mit, die sucht man sich nicht aus. Donskoy will die Lage, in die er durch Zufall gerutscht ist, aber auch gerne positiv nutzen. Sein Wunsch sei es, Brücken zu schlagen zwischen Menschen, die die Realität voneinander trenne. »Das Gute daran ist: Ich kann mehr machen als nur eine Ukraine-Flagge auf Instagram zu posten«, sagt er.

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