Comedy

Reihenweise Absagen für die Show von Nizar

Auch im Ernst-Reuter-Saal im Berliner Stadtteil Reinickendorf sollte Nizar Akremi auftreten Foto: picture alliance / imageBROKER

Eigentlich wollte Nizar Akremi heute seine Deutschlandtour starten. Mit seiner neuen Show »On Fire!« war der Stand-up-Comedian, der unter seinem Vornamen Nizar auftritt, bereits auf Bühnen im ganzen Land gebucht. Doch nun hagelt es reihenweise Absagen: Allein von den sieben ersten Auftritten im September und Oktober werden sechs doch nicht stattfinden.

Diesen Absagen ging eine Welle der Empörung voraus: Am Wochenende kursierte ein Clip aus dem Podcast »Die Deutschen«, den Akremi zusammen mit dem YouTuber Shayan Garcia moderiert. Zusammen mit ihrem Gast, dem umstrittenen Comedian Luke Mockridge, machten sie sich über behinderte Menschen und die Paralympics lustig.

Resolution gegen »Luke Mockridge & Co«

Viele fanden das ganz und gar nicht witzig. Eine Resolution mit dem Titel »Stoppt Luke Mockridge und Co.! Kein Platz für Behindertenfeindlichkeit in den Medien!« hat mittlerweile über 67.000 Unterschriften. Für Mockridge hatte dieser Aufschrei schnell Konsequenzen: Der TV-Sender Sat. 1 sagte eine mit dem Comedian geplante Sendung wieder ab. Auch der Start von Mockridges Bühnenshow »Funny Times« fällt aus. Die ersten beiden Termine am Donnerstag in Bünde und am Freitag in Paderborn wurden von den Veranstaltern abgesagt.

Genauso ergeht es jetzt Nizar Akremi. Der Stand-up-Comedian aus Bonn stand schon 2022 in der Kritik, in seiner Bühnenshow »Shitstorm« menschenfeindliche Witze zu machen. Auch diese Zeitung berichtete damals über seine Sketche, in denen er sich antisemitischer Klischees bediente, Witze über die Schoa, aber auch über Ausländer, Feministinnen sowie Homo- und Transsexuelle machte. In der Folge sagten mehrere Veranstalter bereits geplante Auftritte Akremis wieder ab.

Lesen Sie auch

Insbesondere seit den Hamas-Massakern vom 7. Oktober 2023 und dem seitdem in Gaza herrschenden Krieg hat sich Akremi in seinen Äußerungen auf Social Media radikalisiert. In seinen Beiträgen auf dem Kurznachrichtendienst X setzt er das Vorgehen der israelischen Armee in Gaza mit dem Völkermord der Nationalsozialisten an den Juden gleich und verbreitet antisemitische Stereotype von angeblicher jüdischer Geldgier sowie einer ominösen Macht der Juden.  

Auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen ordnet der Experte Benjamin Steinitz die Aussagen Akremis ein: »Über seinen X-Account verbreitet Nizar Inhalte, welche jahrhundertealte antisemitische Ressentiments bedienen«, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS). Zudem würden durch seine Posts »nicht nur die nationalsozialistischen Verbrechen verharmlost, sondern auch Israel dämonisiert und die Erfahrung von Schoa-Überlebenden weltweit relativiert«.

Sponsor steigt beim Podcast »Die Deutschen« aus

Neben der Jüdischen Allgemeinen berichteten eine ganze Reihe weiterer deutscher Medien über die Entgleisungen des Comedians. In der Folge stieg zunächst die Sprachenlern-App »Babbel« als Sponsor seines Podcasts »Die Deutschen« aus. Es kamen zahlreiche Absagen seiner Auftritte hinzu. Anders als geplant, wird er in diesen Städten doch nicht auf der Bühne zu sehen sein: Leverkusen, Fulda, Kaiserslautern, Leipzig, Berlin, Erfurt, Nürnberg, Augsburg und Gelsenkirchen.

Es ist davon auszugehen, dass auch die Veranstalter seiner anderen Tourstationen gerade darüber nachdenken, wie sie mit der schlechten Presse über Akremi umgehen sollen. Eins steht fest: Keinem der Beteiligten dürfte derzeit zum Lachen zumute sein. js

Medien

Wie geht’s Deutschland?

Neues Format auf Sat.1: »Bild«-Reporter Paul Ronzheimer ist in Sachen »Rechtsruck« unterwegs. Und fördert durchaus Erhellendes zutage

von Steffen Grimberg  17.09.2024 Aktualisiert

Fernsehen

Viele Jahre bis zum großen »Hallelujah«

Arte zeigt ein sehr sehenswertes Porträt des kanadischen Sängers Leonard Cohen

von Ulrich Kriest  17.09.2024 Aktualisiert

Literatur

Shortlist für Deutschen Buchpreis 2024 benannt

Jurymitglieder hatten aus 197 Büchern, die zwischen Oktober 2023 und dem 17. September erschienen sind, zunächst eine Auswahl von 20 Werken getroffen

 17.09.2024

Vertreibung

Vor 600 Jahren mussten die Juden Köln verlassen - Zuflucht auf der anderen Rheinseite

Die älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen - und dann ist auf einmal Schluss. Vor 600 Jahren verwies Köln seine Juden der Stadt. Viele zogen darauf gen Osten, manche kamen dabei nur ein paar Hundert Meter weit

von Johannes Senk  17.09.2024

Hamburg

Konzert »Gegen das Schweigen« in der Elbphilharmonie

Es wurde musiziert, gesprochen und gelesen. Initiator ist Igor Levit

 17.09.2024

Berlin

Auschwitz Komitee lobt Schwarzeneggers Einsatz gegen Antisemitismus

Der Schauspieler ist laut Vizepräsident Christoph Heubner ein »wichtiger Verbündeter«

 17.09.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 16.09.2024

Zum 100. Todestag

Doppelausstellung mit Kafka-Comics in Rom

Franz Kafka bebilderte seine oft rätselhaften Werke am liebsten selbst. Andere ließ er nicht gerne ran. Zu seinem 100. Todestag erschien eine Comic-Biografie, die man nun in Rom bestaunen kann

von Sabine Kleyboldt  16.09.2024

Porträt

Eleganz und Lässigkeit

Vor 100 Jahren wurde die jüdische Hollywood-Legende Lauren Bacall geboren

von Sabine Horst  16.09.2024