Wuligers Woche

Postfaktisches in Halle

Wie Norman Finkelsteins Verschwörungstheorien vom Max-Planck-Institut akademisch geadelt werden

von Michael Wuliger  16.01.2017 18:03 Uhr

So wissenschaftlich relevant wie Norman Finkelsteins Aussagen über den Gaza-Krieg 2014: der »Lila Launebär« Foto: Thinkstock

Wie Norman Finkelsteins Verschwörungstheorien vom Max-Planck-Institut akademisch geadelt werden

von Michael Wuliger  16.01.2017 18:03 Uhr

Was unterscheidet die Max-Planck-Gesellschaft von Facebook und Twitter? In den sozialen Medien tummeln sich Spinner und Verschwörungstheoretiker. In den 83 Instituten der renommierten Einrichtung für wissenschaftliche Grundlagenforschung hingegen herrschen im Sinne des Namensgebers Empirie und Logik. In 82 von ihnen jedenfalls. Der Ausreißer ist das Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle, nach eigener Beschreibung eines der »weltweit führenden Forschungszentren auf dem Gebiet der Ethnologie (Sozialanthropologie)«.

Dort tritt auf Einladung des Forschungsbereichs »Recht und Anthropologie« am 23. Januar Norman Finkelstein auf. In der offiziellen Ankündigung des Instituts wird er so vorgestellt: »He taught for many years Western political theory and the Israel-Palestine conflict.« So schlecht wie die Syntax dieses Satzes (beherrscht in Halle niemand Englisch?) ist auch die Reputation des Gastes.

Polemik Finkelstein wird in der Wissenschaft nicht ernst genommen. Seine Publikationen – die bekannteste ist das Buch Die Holocaust-Industrie, mit dem er im Jahr 2000 Aufsehen erregte und sich viele Freunde in der deutschen Nazi-Szene machte – sind mehr politische Polemiken denn seriöse akademische Studien. Der »Rockstar der pro-palästinensischen Bewegung«, wie der arabische TV-Sender »Al Jazeera« ihn einmal nannte, begreift sich selbst vor allem als politischer Aktivist.

Entsprechend sieht das Programm des vierstündigen Workshops aus, den Finkelstein in Halle veranstalten wird. Schon der Titel »Gaza: Eine Untersuchung seines Märtyrertums« klingt weniger nach akademischem Vortrag, sondern eher wie eine Freitagspredigt in der Hamas-Hauptmoschee. Im selben Stil geht es dann weiter. Die »herrschenden Darstellungen« des Gaza-Kriegs 2014 beruhen auf Fehl- und gezielten Falschinformationen, heißt es in der Ankündigung: »Hamas hat weder ›Raketen‹ auf Israel abgefeuert noch ›Terrortunnel‹ gebaut, um die israelische Zivilbevölkerung ins Visier zu nehmen.«

Zwar galt das bisher als erwiesen; selbst die israelkritischsten Beobachter hatten es nicht infrage gestellt. Doch hinter diesem Konsens steckt natürlich böse Absicht. »Die internationalen Medien« haben »Gaza verraten«. Auch »die Weltgemeinschaft und angesehene Menschenrechtsorganisationen haben Gaza in der Stunde seiner Prüfung im Stich gelassen«. Alle gegen Gaza. Nur Norman kennt und sagt die Wahrheit.

»IG-Nobelpreis«
In die Annalen der Wissenschaftsgeschichte wird dieser postfaktische Workshop nicht eingehen, es sei denn, als Kandidat für den »Ig-Nobelpreis«, der alljährlich für die absurdeste akademische Leistung verliehen wird.

Falls die Ethnologen vom Max-Planck-Institut noch ein Thema für ihre nächste Veranstaltung suchen: Auch die »herrschenden Darstellungen« des Berliner Lkw-Anschlags vom 19. Dezember 2016 beruhen bekanntlich auf Fehl- und gezielten Falschinformationen. Ein Video auf YouTube beweist es zweifelsfrei: Der Terroranschlag war ein Fake. Eingestellt hat es der User »Lila Launebär«. Für wissenschaftliche Workshops in Halle steht er jederzeit gern zur Verfügung.

Bochum

Gil Ofarim kündigt Konzert an

Gerade erst zeigte er sich geläutert - nun kündigt er neue Pläne an

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024

Saarbrücken

Moderne Galerie zeigt Illustrationen von Marc Chagall

Die Schau »Marc Chagall. Die heilige Schrift« ist bis zum 25. April 2025 zu sehen

 21.11.2024

Fußball

Neuer wackelt: Plötzliche Chance für Peretz im Bayern-Tor?

Manuel Neuer plagt »ein Stechen im Rippenbereich« und Sven Ulrteich fällt vorerst aus persönlichen Gründen aus

 21.11.2024

Gut besucht: die Konferenz in Berlin

Zionismus-Tagung

Vom Recht auf einen souveränen Staat

In Berlin diskutieren Referenten und Teilnehmer aus Deutschland und Israel verschiedene Aspekte

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Veranstaltungen

Sehen. Hören. Hingehen.

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 21. November bis zum 28. November

 21.11.2024

Liedermacher

Wolf Biermann: Ein gutes Lied ist zeitlos gut

Er irre sich zuweilen, gehöre habe nicht zu den »irrsten Irrern«, sagt der Liedermacher

 21.11.2024

Nachruf

Meister des Figurativen

Mit Frank Auerbach hat die Welt einen der bedeutendsten Künstler der Nachkriegsmoderne verloren

von Sebastian C. Strenger  21.11.2024

Berlin

Ausstellung zu Nan Goldin: Gaza-Haltung sorgt für Streit

Eine Ausstellung würdigt das Lebenswerk der Künstlerin. Vor der Eröffnung entbrennt eine Debatte

von Sabrina Szameitat  21.11.2024