Aschkenasen und Sefarden, Religiöse und Säkulare: Auch wenn die jüdische Gemeinschaft in Israel und anderswo immer fragmentierter wirkt, scheint er sie für einen Moment einen zu können: Ishay Ribo.
Der 31-jährige israelische Musiker ist populär bei Menschen unterschiedlichster Herkunft und Lebensweise. Seine Musik wird im hippen Tel Aviv genauso gehört wie in orthodoxen Vierteln von Jerusalem. »Ich glaube, dass gute Musik Menschen zusammenbringen kann«, ist Ribo überzeugt.
Zitadelle Am vergangenen Donnerstag brachte er sogar Zuschauer in aller Welt zusammen. Nach langer coronabedingter Auszeit gab Ribo gleich zwei Konzerte in Jerusalem, und zwar in der David-Zitadelle. Entsprechend der Vorschrift der Gesundheitsbehörden stand er mit gebührendem Abstand zu seinen Musikern auf der Bühne.
Er steht mit seiner Gitarre im Scheinwerferlicht, mit schwarzer Kippa und langen Zizit zu schwarzen Jeans und offenem Hemd.
Auf den weit entfernten kleinen Tribünen durften nur einige wenige Fans Platz nehmen. (Fast) alle mit Maske, was ihrer Begeisterung jedoch keinen Abbruch tat. Das Besondere an dem Abend: Zuschauer in der ganzen Welt konnten das Event live mitverfolgen. Zuvor wurden Tickets verkauft; wer 20 Dollar bezahlte, erhielt einen Zugangslink und konnte so online am heimischen Bildschirm mit dabei sein. Nicht ganz die gewohnte Konzertatmosphäre, aber immerhin.
»Was für ein Erlebnis! Wir haben heute Zuschauer in Großbritannien, Frankreich, Belgien und vielen anderen Ländern mit dabei«, rief Ribo begeistert nach dem ersten Stück aus. Er steht mit seiner Gitarre im Scheinwerferlicht, mit schwarzer Kippa und langen Zizit zu schwarzen Jeans und offenem Hemd.
Romantiker So kommt er für einen weiteren Auftritt noch einmal zurück: ein paar Stunden später das zweite Konzert. Diesmal eher etwas für Romantiker, die zugleich den Sonnenaufgang vor der Kulisse der Jerusalemer Altstadt erleben, und für Zuschauer in den USA und Kanada, die das Ganze dann wegen der Zeitverschiebung zu abendlicher Stunde live sehen konnten.
Auch diesmal freut sich Ribo über die Gelegenheit, ihnen unter anderem einen seiner bekanntesten Songs, »Lashuv Habaita«, zu präsentieren. Er handelt von der Rückkehr zu Gott. »Es ist an der Zeit, aufzuwachen, alles zu verlassen, zu überwinden, um nach Hause zurückzukehren«, heißt es in einer Zeile. Auf YouTube wurde das dazugehörige Video bereits 34 Millionen mal angesehen.
Ribo hat so etwas wie die dort besungene Rückkehr schon hinter sich. 1989 wurde er im französischen Marseille als Sohn marokkanisch-algerischer Eltern geboren, nach Israel kam er als Kind. Bereits traditionell erzogen, wurde er religiöser, observanter und besuchte dann eine Jeschiwa. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und drei Söhnen in Jerusalem, lernt nun in einem orthodoxen Kollel. Und macht Musik. Mittlerweile hat er vier Alben herausgebracht, dafür bereits Platin- und Gold-Auszeichnungen bekommen.
»Folk-Rock« Seinen Durchbruch hatte er 2014 mit dem Song »Tocho Ratzuf Ahavah«. Der Pop mit sanfter Stimme und Texten aus Psalmen und Prophetenbüchern kommt an. Seine Musik wird dem »Soul-Spiritual« oder »Folk-Rock« zugeordnet.
Und immer findet er zur musikalischen Zusammenarbeit auch mit anderen Künstlern zusammen, darunter Avraham Fried, Omer Adam, Shlomo Artzi oder Idan Raichel. Das Magazin »Mishpacha« nannte ihn kürzlich »The Great Harmonizer«, den großen Harmonisierer.
Zu Ishay Ribos Fans scheint übrigens auch Rabbi Jonathan Sacks zu gehören. Der ehemalige britische Oberrabbiner war kürzlich, an Chol-Hamoed-Pessach, in einer Zoom-Konferenz mit Ishay Ribo zu sehen.
Dabei sagte er, dass er in Zeiten wie diesen versuche, Worte zu finden, die Menschen Beistand und Hoffnung geben können. »Aber Worte allein reichen nicht, denn der Geist spricht und die Seele singt«, so Rabbi Sacks. »Und wenn man Ishay Ribo hört, hört man die Seele singen.«