Berlinale

Polizei ermittelt nach Antisemitismus-Skandal

Foto: picture alliance/dpa

Nach einer Berlinale-Veranstaltung, bei der von Völkermord gegen die Palästinenser die Rede war, ermittelt der Polizeiliche Staatsschutz des Landeskriminalamts. Der Vorgang werde geprüft, sagte ein Sprecher der Berliner Polizei. Der Staatsschutz ist für politische Straftaten zuständig. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet.

Der Regisseur Jun Li hatte am Samstagabend in der Bildungseinrichtung Urania eine Rede des Schauspielers Erfan Shekarriz vorgelesen, der in seinem Film »Queerpanorama« mitspielt. Der Film wurde am Samstag im Rahmen des Festivalprogramms gezeigt, wie eine Berlinale-Sprecherin sagte. Er läuft nicht im Wettbewerb, sondern in der Sektion »Panorama«.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Ein Videomitschnitt mit Teilen der Rede war in sozialen Medien zu sehen. In dem Redebeitrag hieß es, Millionen von Palästinensern erstickten »unter Israels brutalem Siedlerkolonialstaat«.

Scharfe Kritik an der Bundesregierung

Die Bundesregierung und ihre Kulturinstitutionen, einschließlich der Berlinale, leisteten »ihren Beitrag zur Apartheid, zum Völkermord und dem brutalen Auslöschen des palästinensischen Volkes«. Als Reaktion aus dem Publikum gab es zustimmende, aber auch deutlich kritische Zwischenrufe.

In dem Beitrag war außerdem die Terror-Parole »From the river to the sea, palestine will be free« zu hören. Mit dem Satz ist gemeint, es solle ein freies Palästina geben auf einem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer - dort, wo sich jetzt Israel befindet. Es handelt sich um eine verklausulierte Forderung nach einer Vernichtung Israels.

Die Intendantin des Filmfestivals, Tricia Tuttle, teilte mit, die Berlinale bedaure den Vorfall außerordentlich. »Wir haben unsere Gäste im Vorfeld darauf hingewiesen, welche politischen Äußerungen besonders sensibel und welche möglicherweise strafbar sind.«

Zentralrat »fassungslos«

Der Zentralrat der Juden in Deutschland schrieb auf der Plattform X mit Blick auf den Berlinale-Vorfall und den palästinensischen Terror: »Dass zu Hamas-Parolen Beifall aufbraust, macht fassungslos. (...) Wir gehen davon aus, dass ein solches Verhalten entsprechend sanktioniert wird.«

Lesen Sie auch

Der Vorfall weckt Erinnerungen an die Preisverleihung 2024, als einzelne Preisträger auf der Bühne israelfeindliche Positionen vertraten, ohne die Massaker der Hamas vom Oktober 2023 zu erwähnen. Dieser Antisemitismus-Skandal führte zu wochenlangen Diskussionen.

In Statements war damals auch die Rede von Apartheid und Völkermord die Rede. Es handelt sich um Verschwörungsmythen, die unter Israelhassern schon lange vor dem 7. Oktober populär waren.

Solidarität mit David Cunio

Während der Rede gab es damals Beifall im Saal - und die Verantwortlichen reagierten erst, als im Anschluss Kritik laut wurde. Dieses Mal hatte Tuttle schon bei der Eröffnungsgala ein Zeichen gesetzt, indem sie auf dem roten Teppich ein Foto der israelischen Geisel David Cunio trug.

Cunio gehört zu den israelischen Hamas-Geiseln im Gazastreifen. Der Schauspieler war 2013 mit einem Film auf der Berlinale vertreten. Vergangenes Jahr wurde das Filmfestival gebeten, auf der Abschlussgala für ihn einzutreten - was aber versäumt wurde. Tuttle sagte, sie wolle sich dafür bei ihm und seiner Familie entschuldigen. dpa/ja

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025

Glosse

Ein Hoch auf die Israelkritik

Der »Spiegel« hat mit dem indischen Essayisten Pankaj Mishra ein »erhellendes« Interview zum Nahostkonflikt geführt

von Michael Thaidigsmann  18.02.2025

Gaza

Erstes Lebenszeichen von David Cunio

Der 34-Jährige Israeli ist seit dem 7. Oktober 2023 Geisel der Hamas – bei der Berlinale wird an an den Schauspieler erinnert

 18.02.2025

Lesen!

»Oh, ihr Menschenbrüder«

In seiner kurzen Erzählung verknüpft der französische Schriftsteller Albert Cohen die Dreyfus-Affäre mit der Schoa

von Ralf Balke  17.02.2025

Kulturkolumne

Meine Verwandten, die Trump-Wähler

Warum Hollywood endlich das Leben meiner Tanten und Onkel verfilmen muss

von Eugen El  17.02.2025

Gespräch

Andrea Sawatzki und Christian Berkel: Schweigen gefährdet Beziehungen

Andrea Sawatzki und Christian Berkel sind feste Größen in der hiesigen Film- und Fernseh-Branche - und seit über 25 Jahren ein Paar. Auch gemeinsam stehen sie vor der Kamera, etwa im neuen TV-Drama »Querschuss«

von Katharina Zeckau  17.02.2025