Architektur

Pluralismus der Fassaden

Der Streit über den Bau von Minaretten in der Schweiz und anderswo in Europa berührt auch eine Frage, mit der sich Juden in der Diaspora seit Jahrhunderten auseinandersetzen mussten und müssen: Sollen sich die Gotteshäuser religiöser Minderheiten architektonisch in die christlich-abendländische Baukultur einpassen oder sollen sie im Gegenteil ihre Spezifik gestalterisch besonders betonen?

eingepasst Wobei die Frage, was architektonisch eine Synagoge einzigartig macht, weitgehend unbeantwortet ist. Die Architektur der jüdischen Tempel in Deutschland hat sich über die Jahrhunderte stark gewandelt und ging stets mit der Zeit. Der Synagogenbau hierzulande ist eine »weiche« Architekturform, die anders als viele Moscheen, die heute überall in Europa gebaut werden, keines festen Formenkanons bedurfte und bedarf. (Ein »Minarett gehört zur Moschee wie der Kirchturm zur Kirche«, so der Islamwissenschaftler Reinhard Schulze von der Universität Bern). Zwar gibt es liturgische Anforderungen an den Synagogenbau, die aber hauptsächlich den Grundriss betreffen, kaum aber ihre Fassade oder den Baukörper prägen. Die kleineren Landsynagogen in Norddeutschland etwa unterschieden sich architektonisch kaum von ihren weltlichen Nachbarbauten und präsentierten sich als einfache Fachwerkgebäude. Lediglich ihre städtebauliche Stellung im Ort verwies auf die ungleichen Gewichte in der deutschen Sakralarchitektur: Nicht selten mussten Synagogen im Innenhof oder der zweiten Reihe gebaut werden und waren damit von der Straße nicht einzusehen.

abgesetzt In den großen Städten des 19. Jahrhunderts waren die Synagogen bisweilen kirchenähnlich gestaltet bis ins Detail, etwa die Synagoge in der Kölner Roonstraße von 1899 in ihrem neoromanischen Stil, der dem der katholischen Kirche Groß St. Martin nacheifert. Andere Synagogen dieser Zeit dagegen waren betont orientalisch gestaltet und verwiesen damit baukünstlerisch auf Israel, so die von Eduard Knob-lauch gestaltete, 1866 eröffnete Neue Synagoge in der Berliner Oranienburger Straße, Ihr historistisch-maurischer Stil war typisch für die »exotischen« Synagogen im Deutschland des 19. Jahrhunderts, die auch Symbole steigenden Selbstbewusstseins und gesellschaftlicher Anerkennung der jüdischen Minderheit waren.

vielfalt Eine Generation später, in den 1920er-Jahren, glaubten sich viele deutsche Juden in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Sinnbildlich dafür stand die moderne Synagoge in Plauen, die nach Fritz Landauers Entwurf 1930 eingeweiht wurde und als Höhepunkt der Sakralarchitektur der Neuen Sachlichkeit gilt. Sie zeigt in ihrer einfachen kubischen Form eher eine Verwandtschaft mit dem Kaufhausbau der Weimarer Republik als mit traditionellen Gotteshäusern. Dass lediglich ein Davidstern auf die besondere Bedeutung und Nutzung des weißen Putzbaus hindeutete, war nicht untypisch für die Zeit. Die Plauener Synagoge, wie viele andere jüdische Gotteshäuser auch in der Reichspogromnacht demoliert und nie wieder aufgebaut, ist ein Beispiel für eine Architektur, die für inneren Anpassungswillen der Gemeinde ebenso steht wie für Anpassungsdruck der religiösen Mehrheit. Mit der Re-Etablierung jüdischen Lebens floriert heute wieder der Neu- und Ausbau von Synagogen in fast allen deutschen Städten. Und wie in der Vergangenheit zeigt sich ihre Architektur – besonders prominent in München und Dresden – flexibel und vielgestaltig, zwischen Anpassung und Exotisierung oszillierend.

Antisemitismus

Gert Rosenthal: »Würde nicht mit Kippa durch Neukölln laufen«

Die Bedrohung durch Antisemitismus belastet viele Jüdinnen und Juden. Auch Gert Rosenthal sieht die Situation kritisch - und erläutert, welche Rolle sein Vater, der Entertainer Hans Rosenthal, heute spielen würde

 01.04.2025

Berlin

Hans Rosenthal entdeckte Show-Ideen in Fabriken

Zum 100. Geburtstag des jüdischen Entertainers erzählen seine Kinder über die Pläne, die er vor seinem Tod noch hatte. Ein »Dalli Dalli«-Nachfolger lag schon in der Schublade

von Christof Bock  01.04.2025

Künstliches Comeback

Deutschlandfunk lässt Hans Rosenthal wiederaufleben

Der Moderator ist bereits 1987 verstorben, doch nun soll seine Stimme wieder im Radio erklingen – dank KI

 01.04.2025

Interview

Günther Jauch: »Hans Rosenthal war ein Idol meiner Kindheit«

Der TV-Moderator über den legendären jüdischen Showmaster und seinen eigenen Auftritt bei »Dalli Dalli« vor 42 Jahren

von Michael Thaidigsmann  01.04.2025

Jubiläum

Immer auf dem Sprung

Der Mann flitzte förmlich zu schmissigen Big-Band-Klängen auf die Bühne. »Tempo ist unsere Devise«, so Hans Rosenthal bei der Premiere von »Dalli Dalli«. Das TV-Ratespiel bleibt nicht sein einziges Vermächtnis

von Joachim Heinz  01.04.2025

TV-Legende

Rosenthal-Spielfilm: Vom versteckten Juden zum Publikumsliebling

»Zwei Leben in Deutschland«, so der Titel seiner Autobiografie, hat Hans Rosenthal gelebt: Als von den Nazis verfolgter Jude und später als erfolgreicher Showmaster. Ein Spielfilm spürt diesem Zwiespalt nun gekonnt nach

von Katharina Zeckau  01.04.2025

Geschichte

»Der ist auch a Jid«

Vor 54 Jahren lief Hans Rosenthals »Dalli Dalli« zum ersten Mal im Fernsehen. Unser Autor erinnert sich daran, wie wichtig die Sendung für die junge Bundesrepublik und deutsche Juden war

von Lorenz S. Beckhardt  01.04.2025 Aktualisiert

Hans Rosenthal

»Zunächst wurde er von den Deutschen verfolgt - dann bejubelt«

Er überlebte den Holocaust als versteckter Jude, als Quizmaster liebte ihn Deutschland: Hans Rosenthal. Seine Kinder sprechen über sein Vermächtnis und die Erinnerung an ihren Vater

von Katharina Zeckau  01.04.2025

TV-Spielfilm

ARD dreht prominent besetztes Dokudrama zu Nürnberger Prozessen

Nazi-Kriegsverbrecher und Holocaust-Überlebende in einem weltbewegenden Prozess: Zum 80. Jahrestag dreht die ARD ein Drama über die Nürnberger Prozesse - aus der Sicht zweier junger Überlebender

 01.04.2025