Der Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, hat die Arbeit mit dem weltberühmten Orchester als Lebensaufgabe bezeichnet. Bei seinem seit 2019 laufenden unbegrenzten Vertrag denkt der 51-Jährige nach seinen Worten nicht an Fristen.
»Für mich ist das die größte Aufgabe meines Lebens«, sagte Petrenko nun in Berlin. Diesen Weg wolle er gehen »solange mein Körper noch so aktiv ist und ich das körperlich und psychisch schaffen kann und solange das Orchester mich noch wünscht«.
Die vier Jahre mit dem Orchester seien »auf der einen Seite durchaus eine Zeitspanne, auf der anderen Seite doch erstmal eine erste Periode«. Petrenko sieht bei den Musikern Potenzial und Ressourcen für jede Art von Klang und Gestaltung.
»Mit diesem Orchester kann man alles erreichen. Gibt es überhaupt nichts, was die nicht können oder wollen.« Beim Klang gehe schon viel in seine Richtung. »Aber ich würde persönlich sagen, auch die Musiker, mit denen ich spreche, sagen: wir sind erst am Anfang.« Petrenko: »Man kann noch viel weitergehen in Richtung Unverwechselbarkeit und Einmaligkeit des Klangs, was ich natürlich gern mit diesem Orchester erreichen möchte.«
Nach der Corona-Pandemie ist die Auslastung bei Petrenko-Konzerten wieder sehr hoch. Anders sieht es den Angaben zufolge noch im restlichen Programm auch der Philharmonie aus. Petrenko sieht sich da selbst in der Pflicht. »Wir haben gemerkt, dass die Konzerte des Chefs mehr ausgelastet sind und dass die anderen noch zu kämpfen haben.« Deswegen sollten etwa mit Einführungen die Werke dem Publikum nähergebracht werden. »Und wir müssen natürlich an die neuen Publikumsschichten rangehen, also an das jüngere Publikum.«
Ein Weg aus Sicht Petrenkos: »Wir müssen ein bisschen lockerer werden.« Bei Familienkonzerten gelte dies für jüngere wie ältere Menschen. Zudem seien seine Proben offen für Schulklassen. »Da sitzen immer Klassen drin«, sagte der Chefdirigent.
Auch die Förderung von Dirigentinnen ist ihm ein Anliegen. »Wir müssen da eigentlich sehr bewusst noch viel machen, damit wir das ein bisschen versuchen auszugleichen.« An Talenten fehle es auch bei Dirigentinnen nicht. Qualität sei dabei die wichtigste Frage. »Aber erst mal muss jemand eine Chance bekommen, die Qualität auch darbieten zu können.«
Über seine Herkunft sagte Petrenko: «Geboren und aufgewachsen bin ich in Omsk, einer Stadt in Sibirien, die von Waffenindustrie und Petrochemie lebte – deswegen war sie auch für Ausländer tabu, eine ›geschlossene Stadt‹. Die Chemie war nicht sehr gesund, aber es gab auch viel Grün in der Stadt. Nur nicht im Winter, da herrschte klirrende Kälte. Manchmal fiel deshalb die Schule aus: Die Kleineren durften ab minus 34 Grad zu Hause bleiben, die Großen mussten noch bis minus 38 Grad frieren.»