Einspruch

Pessach, Schabbat, alles eins

Adriana Altaras Foto: Stephan Pramme

Schabbat und Pessach fallen in diesem Jahr auf einen Tag! Wer steckt dahinter, frage ich mich. Schlimm genug, dass ich mich verrückt mache mit der Putzerei, der Mazzesuppe und dem Sederteller. Damit, dass ich für die sefardische Verwandtschaft das Charosset mit Datteln und Honig mache und für die aschkenasische auf keinen Fall mit Honig, dafür aber mit Äpfeln und Nüssen. Jetzt kommt es auch noch auf die richtigen Gebete in der richtigen Reihenfolge an. Ich möchte sterben oder konvertieren, egal in welcher Reihenfolge.

Natürlich, da stecken die Orthodoxen dahinter! Ja, ich spüre es genau. Sie haben gesehen, wie souverän ich in den letzten Jahren Familie und Freunde durch dieses jüdische Großereignis manövriert habe, und nun wollen sie mir mal auf den Zahn fühlen. »Sie fühlt sich zu sicher«, höre ich sie gefährlich tuscheln. »Sie glaubt, mit zweierlei Charosset G’tt zufriedenstellen zu können. Aber sie irrt. Ob die Kneidl die richtige Konsistenz haben, ist nicht von Bedeutung, es kommt auf die innere Haltung an.«

tohuwabohu Ich gebe ihnen recht. Nur, wie soll ich das mit den Gebeten hinbekommen? Droht nicht ein einziges unheiliges Tohuwabohu? Zwar bin ich mir sicher, dass mein G’tt mir verzeihen wird. Aber werden es meine Glaubensbrüder auch? Und wieder zeigt sich, dass es G’tt gibt: Meine Söhne sind im Ausland, der eine feiert in Amsterdam, der andere in New York, und ich selbst muss nach Rom zum Dreh. Bingo! Den Sederabend werde ich in der römischen Gemeinde begehen, mit Gebeten und einem rituellen Mahl der Extraklasse, all inclusive!

Ich werde natürlich peinlichst darauf achten, dass alles den richtigen Gang geht, zumindest so, wie ich das sehe. Und vor allem werde ich ohne Stress jubilieren, dass wir an einem Schabbat feiern können, dass wir Gesetze befolgen dürfen, ja, aber vor allem, dass wir freie Menschen sind. Ist das nicht herrlich?

Was für ein Glück, dass Pessach dieses Jahr an einem Schabbat beginnt.

Die Autorin ist Schauspielerin und Schriftstellerin.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025