Einspruch

Peinlich mit Special Effect

Lena Gorelik Foto: Christian Rudnik

Literatur ist die Kunst der Worte: Sie werden vorsichtig ausgewählt, aneinandergebaut, verschoben, umgestellt, verwandelt, um Geschichten zu erzählen, Welten zu erschaffen, einen Klang zu erzeugen, vielleicht sogar einen Sog. Literaturkritik ist die Kunst, sich mit diesen Worten – kritisch, wie der Begriff schon sagt – auseinanderzusetzen. Es ist die Kunst, die sich gleichermaßen der Worte bedient, man könnte sagen, sie bekämpft die Literatur mit eigenen Waffen.

Nun nimmt sich der Literaturkritiker Denis Scheck heraus, seine kritischen Worte mit einem fernsehtauglichen »Special Effect« zu untermauern: Bücher, von denen er meint, dass sie zum Anti-Kanon (allein dieses Wort!) gehören, werden mithilfe von Blitz, Flammen und Rauch entsorgt, verbannt, verbrannt. Das ist gleichermaßen abstrus und anmaßend, sodass einem jedes Lachen im Halse stecken bleibt.

bücherverbrennungen Lässt man die Assoziation an die Bücherverbrennungen außer Acht (die vor dem inneren Auge erscheinen; man muss sie nicht erzwingen), lässt man außer Acht, dass sich einer da kurz selbst die Macht erteilt, über einen Kanon und sein Gegenstück, den Anti-Kanon, bestimmen zu können, so lässt sich immer noch über die Wahl der Methoden streiten. Worte können Waffen sein, das weiß jede schreibende Person, auf welcher Seite sie auch sitzt: ob am Buch oder an der Buchkritik.

Worte können Waffen sein, das weiß jede schreibende Person, auf welcher Seite sie auch sitzt: ob am Buch oder an der Buchkritik.

Wo sind sie, die gewählten Worte, die durchdachten Argumente, die klugen Sätze, die die Zuschauenden überzeugen wollen? Wo sind die Gedanken, die beim Lesen entstanden sind? Wozu der Blitz, reichen die Worte nicht aus?

Nichts, was wir tun, geschieht außerhalb unserer Zeit, außerhalb unserer Gesellschaft. Die Literaturkritik verliert in dieser Zeit an Bedeutung, Sendeplätze werden gestrichen, Literaturkritikformate gekürzt. Was für ein Zeichen sendet ein Literaturkritiker in dieser Zeit, wenn er zeigt, Kritik an der Literatur ließe sich in Special Effects, die an Star Wars denken lassen, üben?

Die Autorin ist Schriftstellerin.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025