Herr Hoffmann, in Van Bo Le-Mentzels Film »#3Min of Fame, Love and Peace« spielen Sie einen Muslim. Wie war das?
Total spannend, weil ich zum Beispiel noch nie zuvor in einer Moschee war oder Kontakt zu Frauen hatte, die ein Kopftuch tragen. Generell kannte ich den Islam nur vom Hörensagen. Ich habe diese Religion als Außenstehender betrachtet. Durch den Film bin ich voll und ganz in diese Welt eingetaucht und konnte mir eine differenzierte Meinung darüber verschaffen.
Wo haben Sie gedreht?
Hauptsächlich an bekannten Berliner Schauplätzen, wie der Admiralsbrücke, dem Tempodrom, aber auch in einer sunnitischen Moschee, der Sehitlik-Moschee. Ich habe mir viel erklären lassen und habe schließlich viele Parallelen zum Judentum gesehen. Ich bin mit Menschen zusammengekommen, die ein so großes Herz haben und mir gezeigt haben, dass der Islam viel mehr ist, als das, was wir aus den Medien mitbekommen – auch gerade jetzt.
Wie war es andersherum: Haben sich die muslimischen Gläubigen auch für das Judentum interessiert?
Ja, Abdulkadir Cakar, der im Film meinen Freund Bubu spielt, war drei Jahre in einer Koranschule und ist quasi Theologe und Imam. Wir haben ständig versucht, Parallelen vom Koran zur Tora zu finden – und viele gefunden. Das hat zusammengeschweißt und zu gegenseitiger Empathie geführt.
Funktioniert das auch im normalen Alltag – Oder allein in einem relativ geschützten Bereich während Dreharbeiten?
Das Instrument Film kann helfen, auch im wahren Leben Menschen zusammenzubringen. Deswegen haben wir es gemacht. Und: Deswegen habe ich es gemacht – als Jude. Ich habe mir gesagt: Ok, dann trau ich mich das jetzt. Mahatma Gandhi hat einmal gesagt: »Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.« Wenn ich sehen möchte, dass Kulturen zueinanderfinden, dann muss ich den ersten Schritt machen.
Sollten sich das in der jüdischen Gemeinschaft mehr Menschen trauen?
Man kann niemanden dazu zwingen, das will ich auch gar nicht. Ich möchte einfach zeigen: Da draußen gibt es Menschen, die gerade ankommen. Es mag sein, dass sie in einer Gesellschaft aufgewachsen sind, in der es Antisemitismus gibt. Das mag durchaus sein. Aber wir haben die Möglichkeit, denen, die fliehen, eine neue Heimat suchen und Frieden haben wollen, ein anderes Bild zu geben. Und wer, wenn nicht wir Juden sollten heraustreten und sagen: Wir sind Juden, aber auch wir waren einmal Flüchtlinge und können deshalb gut nachempfinden, wie es euch geht. Wir empfangen Euch mit offenen Armen und beginnen gemeinsam von Null.
Im Film spielen Muslime, Juden, Christen und viele andere zusammen. Gab es auch Überraschungen?
Die größte Überraschung ist sicherlich der Film an sich. Denn wir haben diesen mit einem Null-Euro-Budget umgesetzt und auch professionelle Schauspieler haben nicht mitgewirkt. Wir haben ganz viel einfach passieren lassen. Van Bo Le-Mentzel hat die einzigartige Fähigkeit, mit seinem Charisma Räume zu schaffen, in denen Menschen über sich hinauswachsen können. Wir durften probieren. Wir sind auch mal gescheitert, aber Film ist ja auch Kunst, und Kunst darf vieles.
Eine ganz andere Aufgabe haben Sie Anfang Februar 2016, denn dann sitzen Sie bei der Jewrovision in der Jury. Schon aufgeregt?
Ich freue mich drauf. Aus ganz Deutschland reisen Jugendliche an, die in der jüdischen Gemeinschaft mal eine große Aufgabe haben werden, nämlich das jüdische Leben hier aufzubauen und es vor allem pluralistisch zu gestalten. Ich hoffe, dass ich auf ganz viele Jugendliche treffe, die offen, neugierig und einfach hungrig nach Leben sind.
Mit dem Schauspieler sprach Katrin Richter.
Wer mehr über den Film und über Shai Hoffmann erfahren möchte:
www.3min-film.de
www.shaihoffmann.de