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»Opa und Oma hatten kein Fahrrad«

Leseratte: Ron Bergida aus München Foto: Christian Rudnik

Ich heiße Ron Bergida, wohne in München und bin zehn Jahre alt. In der Wohnung meiner Großeltern hängen viele Fotos von Leuten aus unserer Familie. Weil einige von ihnen nicht mehr leben, habe ich immer wieder nach ihnen gefragt und dabei erfahren, dass sie im Zweiten Weltkrieg gestorben sind, teilweise sehr jung. Ich wollte immer Genaueres wissen und habe mit meinen Eltern und Großeltern darüber gesprochen. Als zusätzliche Antwort auf meine vielen Fragen haben mir meine Eltern das Buch Opa und Oma hatten kein Fahrrad gegeben.

Darin nehmen Großeltern, das sind die beiden Autoren, ihre Enkelkinder auf eine Gedankenreise in ihre Kindheit mit. »Wie hat eigentlich dein Fahrrad ausgesehen, als du ein Kind warst?«, will David von seiner Oma wissen. Die Oma besaß kein Rad, weil sie im Krieg arm waren, und Opa keins, weil er in Shanghai in einem Ghetto lebte. Opas Eltern mussten nach China fliehen, weil sie jüdisch waren. Die Oma wuchs in Deutschland unter Hitlers Herrschaft auf.

Krieg Das Buch vermittelt, wie jüdische Familien – so wie meine Familie – sich damals gefühlt haben. Es erklärt, wie Juden zu ihren Nachnamen kamen, was ein Ghetto und ein KZ sind, was Nazi bedeutet, wer Hitler war, wie Anderssein damals war und schließlich, wie es nach dem Krieg aussah. Ich habe das Buch mehrmals gelesen, obwohl es eigentlich eine traurige Geschichte ist. Aber es hat ein Ende, das zeigt, dass nach schlimmen Zeiten auch wieder gute Zeiten kommen können.

Ein anderes Buch, das mir sehr gefällt, ist Sultan und Kotzbrocken. Darin gibt es einen Sultan mit schwarzem Gürtel, der das Nichtstun liebt. Er sitzt auf seinem Kissenberg und lässt sich von seinen 100 Frauen bedienen. Außer zum Heiraten. Da muss er gelegentlich mal aufstehen. Aber das ist nicht weiter schlimm, denn er muss nur aufstehen, heiraten und sich wieder hinsetzen. Seine Frauen nähen ihm immer mehr Kissen. Da raufzukommen, wird immer beschwerlicher. Das hat nichts mehr mit Nichtstun zu tun! »Kotzbrocken«, das ist übrigens der dusslige Diener des Sultans. Wie kam er wohl zu seinem Namen ...?

Gertrud Seehaus, Peter Finkelgruen (Illustrationen von Günter Kunert): »Opa und Oma hatten kein Fahrrad. Eine Geschichte, bei der die ganze Welt eine Rolle spielt«, Books on Demand, Norderstedt 2008, 10 €

Claudia Schreiber (Illustrationen von Sybille Hein): »Sultan und Kotzbrocken«, Hanser, München 2004, 13,90 €

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

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Bayern

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Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

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Berlin

Eine krasse Show hinlegen

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NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

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Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

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Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

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