Denken wir nicht alle in jungen Jahren, dass das Leben allein durch sein Fortschreiten einfacher werden muss? Dass sich die Verwirrung der Jugend ganz von allein verziehen wird, um dem souveränen Erwachsensein Platz zu machen? Dass das Alter eine Angelegenheit der Coolness und Entspanntheit sein wird?
Wenn Sie gerade laut lachen und ein Faible für deftigen Humor haben, sind Sie wahrscheinlich längst Fan der Netflix-Erfolgsserie The Kominsky Method. Und dann wissen Sie auch, dass alles im Leben einmal endet. So eben auch dieses Kleinod der Unterhaltung für ältere Semester, diese auf mehreren Ebenen – vom Cast über die Produzenten bis hin zu den Reflexionen und Punchlines der Protagonisten – sehr jüdische Antiserie über die Kunst des würdelosen Alterns, dieses Fest der Prostata-, Viagra- und Erbschaftsprobleme.
Seit November 2018 liefern sich Schauspiel-Coach Sandy Kominsky – wunderbar charismatisch und hübsch gealtert dank Michael Douglas – und dessen Agent Norman Newlander – wunderbar ruppig und auf den Punkt dank Alan Arkin – im sonnigen Los Angeles verbales Dauerfeuer, dass es eine Lust ist.
frühstücksflocken Egal, ob es um den Tod, die Liebe oder Frühstücksflocken geht. Zwei Männer in dem Lebensabschnitt, in dem man mehr verliert als gewinnt, wo Beerdigungen die gängige Form der Geselligkeit sind – um Newlander zu zitieren –, teilen aus, in der Hoffnung, dass es das Einstecken leichter macht.
In der guten alten Tradition der seltsamen Paare der Filmgeschichte – angefangen bei Jack Lemmon und Walter Matthau über Woody und Buzz bis zu Grace und Frankie – steckt in den Frotzeleien aber natürlich tonnenweise Liebe. Gleich am Ende der ersten Staffel gibt es diese wundervolle Szene, in der Sandy seinem schwer angeschlagenen besten Freund verrät, was die Kominsky-Methode denn nun eigentlich ist. Nämlich für andere da zu sein. Familie. Freundschaft.
Dieses etwas ungelenke, aber wahrhafte Liebesgeständnis an das Leben ist das altersentsprechend schlagende Herz der Serie, die wir Big Bang Theory-Erfinder Chuck Lorre zu verdanken haben. Und wie in der – ebenfalls sehr jüdischen – Big Bang Theory, dem nerdigen Serienhit für Menschen im ersten Drittel des Lebens, geht es auch am Ende von The Kominsky Method darum, dass unser Wohl in den anderen Menschen liegt. Nimm das, Sartre!
auswechselspieler Kurze sechs Episoden hat die dritte und letzte Staffel, die sehr brutal gleich mit dem Abschied von Norman beginnt. Alan Arkin hatte offensichtlich früh verkündet, dass er nur für zwei Staffeln zur Verfügung steht. Allerdings gibt es für Norman vielfältige Auswechselspieler. Zur Not sogar vierbeinig.
Nur so viel: Sandys Ex-Frau Roz, gespielt von Michael Douglas’ Kollegin Kathleen Turner aus Kinohits wie Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten (1984) ist zurück, Morgan Freeman (Das Beste kommt zum Schluss) hat einen durch und durch gegenderten Auftritt, und besagter Vierbeiner ist ein Hund und Namensvetter von Norman, was Sandy kurz esoterisch werden lässt.
Natürlich sind die Kinder wieder mit dabei. Während Sandys Mindy versucht, ihre Beziehung mit dem alten, Pferdeschwanz -tragenden Martin zu festigen, laufen Normans Entzugsklinik-erprobte Tochter Phoebe (Lisa Edelstein, bekannt geworden durch die hinreißende Figur Dr. Cuddy in Dr. House) und sein Scientology-fanatischer Enkel Robbie (Haley Joel Osment, The Sixth Sense) zu hysterischer Höchstform auf.
andenken Tatsächlich endet das süß-saure Füreinander-da-sein von Sandy und Norman trotz der Widrigkeiten, die das Leben für alle Beteiligten bereithält, ziemlich versöhnlich. Auch wenn Arkin auf den letzten Metern schmerzlich fehlt, ist er irgendwie doch da. Und schließlich wird sein Andenken zum beachtlichen Segen für Sandy.
Nein, das Leben wird nicht einfacher, wenn man alt wird, aber wenn wir Glück haben, geht es weiter.
Alle drei Staffeln von »The Kominsky Method« sind auf Netflix abrufbar.