Unterm Strich

Oj Tannenbaum

Was sind, schon rein äußerlich, Chanukkia und Dreidel gegen Lichterketten, Weihnachtsmärkte und Rauschgoldengel? Foto: JA

Da möchte man als jüdische Mutter seinen Kindern inmitten der Mehrheitsgesellschaft ein Stück eigene Tradition mit auf den Weg geben – und kann zurzeit nur scheitern. Es ist ein hehres, aber sinnloses Unterfangen, gegen Weihnachten anstinken zu wollen. Zumal mit Utensilien wie Chanukkia und Dreidel. Was sind die, schon rein äußerlich, gegen Lichterketten, Weihnachtsmärkte, Rauschgoldengel, Santas weißen Bart und den dazugehörigen Geschenkewahn?

Nein: Weihnachten ist nicht zu toppen. Bei allem geschult kritischen Blick auf das Christenfest, schaut das kleine jüdische Mädchen in mir dennoch staunend und neidvoll bewundernd auf das Weihnachts-getue. Wie gerne hätte auch ich zu Hause vergoldete Putten in Tannenzweigen hängen. Dazu ein geschmackvoll geschmückter Nadelbaum und natürlich reichlich gefüllte Nikolausstiefel, Weihnachtsteller und schlussendlich: Gänsebraten.

lametta Schon als Kind hängte ich meinen selbst gebastelten Weihnachtsschmuck aus dem (nicht jüdischen) Kindergarten in kleine, auf der Straße aufgelesene Tannenzweigrestchen. Nach dem Fest sammelte ich dann das restliche Lametta aus den auf die Straße gestellten ausgedienten Weihnachtsbäumen, um alles zusammen in meinem Zimmer zu drapieren. Meine Eltern betrachteten das eher launig lächelnd. Bis zu dem Zeitpunkt, als ich darauf beharrte, endlich auch einen eigenen Weihnachtsbaum zu bekommen. Nach jahrelangem Flehen und Betteln waren die Eltern schließlich so weit, nachzugeben. Doch hatten sie immer noch große Zweifel, und so rief meine Mutter einen Onkel in den USA an und fragte ihn, was er denn davon halte, der kleinen Shelly einen kleinen Weihnachtsbaum zu kaufen. Der Onkel fackelte nicht lange: »Ein Weihnachtsbaum? Na klar! Sie wird schon keine Nonne deswegen werden!«

Wie recht er doch hatte, der weise Onkel. Und so wurde ein kleiner nordischer Tannenbaum angeschafft. Endlich konnte ich meinen selbst gebastelten Baumschmuck dort hinhängen, wo er hingehörte. Ein Foto jener Jahre erinnert daran: Darauf sieht man ein zufrieden lächelndes kleines Mädchen. Rechts von ihr ein Weihnachtsbäumchen – und links von ihr: die Chanukkia.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025