Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gibt zwei Gemälde des umstrittenen Malers Emil Nolde (1867–1956) aus ihrem Amtszimmer zurück. »Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hatte die Bundeskanzlerin gebeten, das Gemälde Brecher von Emil Nolde an die Stiftung als Eigentümerin des Kunstwerks zurückzugeben«, teilte eine Regierungssprecherin in Berlin mit. »Es ist für mich ganz selbstverständlich, dass ich das tue«, sagte Merkel selbst dazu bei einer Pressekonferenz im irischen Dublin.
Neben diesem Bild werde sie auch das zweite in ihrem Arbeitszimmer hängende Gemälde an die Stiftung zurückgeben, sagte die Sprecherin. Der Deutschlandfunk hatte zuvor berichtet, Merkel wolle die Gemälde Brecher (1936) und Blumengarten (1915) zurückgeben.
Der Expressionist wurde von den Nazis als »entartete Künstler« diffamiert.
AUSSTELLUNG Nolde ist wegen seiner Rolle im Nationalsozialismus umstritten. Nach Angaben der Stiftung soll das Gemälde Brecher von der kommenden Woche an in der Ausstellung Emil Nolde – Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus gezeigt werden.
Dabei soll es auch um neue Erkenntnisse von Wissenschaftlern über das vielschichtige Verhältnis Noldes zu den Nazis gehen. Der Expressionist ist vielleicht der berühmteste unter den Malern, die von den Nazis als »entartete Künstler« diffamiert wurden. Von keinem anderen Künstler wurden nach Angaben der Stiftung so viele Arbeiten beschlagnahmt. Er war verfemt, mit Berufsverbot belegt. Seine Werke hingen sehr prominent in der berüchtigten Ausstellung Entartete Kunst, die Joseph Goebbels 1937 in München eröffnete.
Die Präsenz der Nolde-Bilder in der Regierungszentrale wurde jüngst scharf kritisiert.
Aber Nolde war eben auch NS-Parteimitglied und Anhänger der Nazi-Ideologie. Die Ausstellung im Hamburger Bahnhof der Nationalgalerie will die Legendenbildung um Nolde nach Ende des Zweiten Weltkriegs aufarbeiten. Darin fließen Ergebnisse eines Forschungsprojekts ein, mit dem Bestände des Nachlasses von Nolde ausgewertet wurden. »Dabei wurde so viel Neues zu Tage gebracht, dass die hergebrachte Nolde-Erzählung revidiert werden muss«, heißt es bei der Preußen-Stiftung.
KANZLERAMT Die Präsenz der Nolde-Bilder in der Regierungszentrale – das Gemälde Brecher suchte bereits Nolde-Sammler und SPD-Kanzler Helmut Schmidt für das Bonner Kanzleramt aus – hatte der Generaldirektor des Museums Kunstpalast in Düsseldorf, Felix Krämer, in einem Beitrag für »Politik und Kultur« deutlich kritisiert. Damit war das Thema Nolde bei Merkel in der Welt.
Auch Schmidt-Rottluffs Werke galten den Nazis als »entartet«. Auch ihm wurde verboten, zu arbeiten.
»Die ideologischen Hintergründe bei Nolde sind mittlerweile unstrittig«, sagte Krämer am Donnerstag der dpa, »Nolde war Antisemit, Rassist und ein überzeugter Nationalsozialist.« Deswegen halte er die Frage für berechtigt, ob das Kanzleramt der richtige Ort sei, an dem sich die Bundesrepublik in Verbindung bringe mit diesem Künstler. Gleichzeitig betonte Krämer, »die Bilder sollte man auf jeden Fall auch in Museen zeigen«. Aber das Kanzleramt sei eben ein privilegierter Ort.
Ein Zurück in die Berliner Regierungszentrale wird es für die Nolde-Bilder erstmal nicht geben. Die Regierungssprecherin teilte mit, die Kanzlerin nehme gerne das Angebot der Stiftung an, künftig zwei Bilder des Expressionisten Karl Schmidt-Rottluff (1884–1976) in ihrem Arbeitszimmer aufhängen zu können. Dabei handele es sich um die Werke Haus unter Bäumen (1910) und Häuser am Kanal (1912).
Auch Schmidt-Rottluffs Werke galten den Nazis als »entartet«. Auch er durfte nicht arbeiten. Viele Gemälde waren beschlagnahmt, einige wurden von den Nazis verbrannt. Eine Mitgliedschaft in der NSDAP ist nicht bekannt.