Nicht blinzeln! Der Titel der Dokumentation über den amerikanisch-schweizerischen Fotografen Robert Frank gibt einen doppeldeutigen Hinweis: einerseits die klassische Aufforderung eines Fotografen an sein Objekt vor der Linse, andererseits eine Meta-Anweisung an die Zuschauer dieses Films, die schon beim kürzesten Schließen der Augen etwas verpassen könnten.
Denn die Regisseurin Laura Israel verfolgt mit ihrem dokumentarischen Porträt die Strategie der Überforderung: Im rasanten Tempo reiht sie aktuelle und zeitgenössische Interviewschnipsel, Clips aus Franks Experimentalfilmen sowie natürlich viele seiner Fotos und Kontaktbögen aneinander und kreiert so das filmische Äquivalent eines chaotisch zusammengeklebten Erinnerungsalbums.
stars Damit erschwert sie allen Nichteingeweihten von Anfang an den Einstieg. Zwar steht zu Beginn des Films eine Art Minibiografie des Künstlers, in der sein Weg von der Schweiz nach New York sowie seine ersten Begegnungen mit der Fotografie nachvollzogen werden; danach aber stürzt sich Don’t Blink mehr oder weniger willkürlich in das umfassende Werk Robert Franks, ohne dem Ganzen eine deutliche Struktur zu geben.
Da sind die Aufnahmen zu seinem berühmtesten Foto-Zyklus The Americans, seine Kurzfilme mit den Beat-Poeten Allen Ginsberg, Jack Kerouac und William S. Burroughs, seine Zusammenarbeit mit den Rolling Stones – der unveröffentlichte Tourfilm Cocksucker Blues – und viele weitere Stationen, Abstecher und Fußnoten.
Zweifellos entspricht Laura Israels Arbeitsweise in diesem Sinne durchaus der ihres Protagonisten: In den oft amüsanten Interviews stilisiert sich der sympathische Robert Frank als Wirrkopf und Kauz, der schon immer lieber »nahe des Abgrunds als in der Mitte der Straße« lief und klare Einordnungen und Kategorisierungen seines Werks ablehnte. Auf die Frage, warum seine Filme so »schizophren« anmuten, antwortet Frank in der Aufzeichnung einer seiner Vorlesungen an der New York University lapidar mit: »Ich möchte Chaos stiften.«
konfrontativ Im Gegensatz zu den im Underground verwurzelten Filmexperimenten wurden seine Bilder bald berühmt – ein Umstand, mit dem der verschrobene Frank nur schwer umzugehen wusste. Ein TV-Clip aus den 80er-Jahren zeigt ihn etwa in reichlich konfrontativer Stimmung gegenüber dem Kamerateam.
So entsteht ein lebendiges, stylisches, nicht selten aber auch ermüdendes Panoptikum aus bewegtem Material und Standbildern in Schwarzweiß und Farbe. Dass man bei dieser Bilderflut nicht geistig abschaltet, liegt an Israels hervorragend zusammengestelltem Soundtrack, der echtes New-York-Feeling versprüht: Zu hören sind etwa The Velvet Underground, The Kills und Bob Dylan.
Dennoch ist Don’t Blink eindeutig ein Film für Kenner der Materie, also des Lebens und Arbeitens von Robert Frank. Für den Laien stechen vor allem die eindrucksvollen Fotografien hervor – und die betrachtet man vielleicht lieber auf Papier oder im Museum als für wenige Sekunden in einer filmischen Montagesequenz.
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