Geschichte

Neuanfang und Déjà-vu

Etwa 30.000 deutsche Juden, die aus Nazi-Deutschland geflohen waren, kehrten in der Uniform einer der vier alliierten Mächte zum Ende des Zweiten Weltkriegs in ihre Heimat zurück, um Nazi-Deutschland den Garaus zu machen und ein neues Deutschland aufzubauen. Vierzehn dieser Biografien versammelt derzeit eine Sonderausstellung des Alliiertenmuseums in Berlin mit dem Titel »Sieger, Befreier, Besatzer«.

Eine davon ist Hans Neumann gewidmet, die exemplarisch für dieses denkwürdige Detail der deutsch-jüdischen Geschichte steht. Neumann, ein überzeugter Sozialdemokrat, meldete sich als Freiwilliger im Spanischen Bürgerkrieg und später in der Französischen Fremdenlegion. Das Vichy-Regime verpflichtete ihn jedoch später zu Zwangsarbeit, bis ihn 1943 de Gaulles Exilarmee befreite, mit der er die deutschen Nazis aus Frankreich vertrieb.

vater Im Sommer 1945 kehrte er nach Deutschland zurück. »Obwohl de Gaulle ein adliger Konservativer war, war er für Hans Neumann lebenslang ein Held«, erklärt Moritz Neumann zur Eröffnung der Berliner Ausstellung, der aus Darmstadt nach Berlin gereist ist, um über seinen Vater zu sprechen.

Die Ausstellung in dem ehemaligen amerikanischen Outpost-Kino zeigt neben Hans Neumann auch die verschlungenen biografischen Pfade von prominenten deutschen Juden, die im Dienste der Alliierten standen, wie Stefan Heym, Henry Kissinger, Julius Posener, Ernst Cramer oder Alfred Döblin. Gemeinsam ist ihnen, dass sie in Deutschland verfolgt wurden und in der Anti-Hitler-Koalition als Befreier zurückkehrten.

Schicksale In einem Schaukasten liegen nun die französischen Orden, die Moritz Neumanns Vater (teils erst posthum) verliehen wurden. Er hat sie nie getragen, und sie wurden auch noch nie zuvor gezeigt – symptomatisch für dieses »vergessene« Kapitel der deutsch-jüdischen Kriegs- und Nachkriegsgeschichte, das nun erstmals in einer kleinen, aber verdienstvollen Schau gewürdigt wird. Sie will »Schicksale anschaulich machen«, die »hoch emotionale und widersprüchliche Erfahrungen« bewirken.

Moritz Neumann beispielsweise erinnert sich, dass er – angesichts der im offenen Jeep durch seine Stadt rollenden GIs – als kleiner Junge als Berufswunsch »Amerikaner« angab. Sollte diese Rolle vergeben sein, wäre er damals zumindest gerne »Neger« geworden. Der Dank und die Bewunderung für die entscheidende Rolle, die die Allliierten bei der Überwindung des Nazi-Terrors in Deutschland spielten, hält bis heute an.

Lesen Sie mehr in der kommenden Ausgabe am 21. März

Die Ausstellung »Sieger, Befreier, Besatzer: Deutsche Juden im Dienst der Alliierten« ist bis zum 1. Dezember im Alliiertenmuseum, Clayallee 135, Berlin, zu sehen.

Weitere Informationen unter www.alliiertenmuseum.de

Columbia University

»Eine große Gefahr für den Westen«

Der Hochschullehrer Ran Kivetz über anti-israelische Proteste, Morddrohungen gegen jüdische Dozenten und mögliche Folgen für die liberale Demokratie

von Detlef David Kauschke  05.01.2025

Kulturkolumne

Warum ich für meine Familie zwei WhatsApp-Gruppen brauche

Beide Gruppen nerven mich – und doch ist es gleichzeitig alles andere als selbstverständlich, mit allen in Echtzeit so kommunizieren zu können

von Laura Cazés  05.01.2025

Aufgegabelt

Heringssalat mit Roter Bete

Rezepte und Leckeres

 05.01.2025

2024

Hebräischer Vorname ist am beliebtesten bei deutschen Eltern

Gerade unter den beliebtesten Jungennamen sind einige biblischen Ursprungs

 03.01.2025 Aktualisiert

Filmbiografie

Erfolg in Blau - Miniserie über Levi Strauss

Die Jeans von Levi’s sind weltbekannt – doch wer kennt die Geschichte ihrer jüdischen Erfinder? Ein ARD-Mehrteiler erzählt von Levi Strauss und Jacob Davis

von Kathrin Zeilmann  03.01.2025

Debatte

Musk-Beitrag in der »Welt«: Idee kam von Springer-Aufsichtsrat

Die Hintergründe

 03.01.2025

Familie

»Ich vertraue deinem Gewissen«

Die 18-jährige Tochter des israelischen Schriftstellers Eshkol Nevo wird zum Wehrdienst eingezogen – auf eigenen Wunsch in eine Kampfeinheit. Der Vater schreibt ihr einen Brief

von Eshkol Nevo  03.01.2025

Gaza

Von der Welt vergessen

Seit 455 Tagen befindet sich das israelische Kleinkind Kfir Bibas mit rund 100 anderen Geiseln in der Gewalt der Hamas. Wo bleibt der Aufschrei?

von Georg M. Hafner  03.01.2025

Imanuels Interpreten (3)

Allee Willis: Die bekannteste Unbekannte

Sie ist die Unbekannte hinter Songs, von denen einige die Welt im wahrsten Sinne des Wortes bewegt haben. Ihr Motto: »Der Text darf nie mit dem Groove kollidieren.«

von Imanuel Marcus  03.01.2025