Schönheit als Garant für Glückseligkeit, Erfolg und jede Menge Geld? Von wegen! Eine neue Studie der Ben-Gurion-Universität zeigt, dass Attraktivität bei der Jobsuche nur für einen Teil der Bewerber Türöffner ist. Das Paper mit dem Titel »Werden attraktive Menschen eher eingestellt?« kommt zu einem unerwarteten Ergebnis: Zwar werden gut aussehende Männer vorgezogen – schöne Frauen hingegen haben bei der Bewerbung klar das Nachsehen.
Die Wirtschaftswissenschaftler Bradley Ruffle und Ze’ev Shtudiner hatten für ihre Studie 5.312 Bewerbungen auf 2.656 offene Stellen bei Unternehmen in ganz Israel verschickt. Jedesmal sandten sie einen Lebenslauf ohne Bild sowie einen fast identischen mit dem Foto entweder einer wenig attraktiven oder einer sehr gut aussehenden Person. Die beruflichen Qualifikationen waren in beiden Fällen dieselben. Maßgeblich war, ob der potenzielle Arbeitgeber den Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einlädt oder nicht. Die durchschnittliche Rückrufrate lag bei 14,5 Prozent.
porträt »Wie in Europa ist es auch bei uns üblich, an seinen Lebenslauf ein Porträtbild zu heften, während das in angelsächsischen Ländern völlig tabu ist«, erklärt Ruffle. Das mache Israel zu einem perfekten Untersuchungsgebiet für Faktoren des Aussehens in einer Bewerbungssituation. Ruffle geht davon aus, dass die neue Studie die erste ihrer Art weltweit ist. »Wir haben meines Wissens zum ersten Mal überhaupt Faktoren der Diskriminierung aufgrund von Schönheit in einem tatsächlichen Markt untersucht, statt eine künstliche Laborsituation zu schaffen.«
In einer Welt, die zusehends vom äußeren Erscheinungsbild bestimmt ist, verwundert das Ergebnis sehr. Ohne gefärbte Haare, Cremes, Salben und Püderchen können sich viele das Leben überhaupt nicht mehr vorstellen. Nicht selten ist der Alltag geprägt von ständigem Herumbasteln am eigenen Aussehen. Immer mehr Frauen und auch Männer legen sich unters Messer, um ihrem Idealbild näherzukommen. So gab erst kürzlich Tennislegende Boris Becker zu, beim rötlichen Schimmer seines Haupthaars künstlich nachzuhelfen und sich »ein Facelifting gegönnt zu haben«.
Ihm hätte es vielleicht sogar geholfen. Denn mit einer fast 20-prozentigen Antwortrate auf die Bewerbungen sind attraktive Männer klar im Vorteil. Von ihren weniger gut aussehenden Geschlechtsgenossen erhielten lediglich 13,7 und von Bewerbern ohne Bild sogar nur 9,2 Prozent einen Anruf. Frauen hingegen können der Studie zufolge demnächst geflissentlich aufs Nachhelfen beim Äußeren verzichten. Bei den weiblichen Jobsuchenden lag klar die Variante ohne Foto vorn. Das gesichtslose Schreiben brachte die Firma in 16,6 Prozent der Fälle dazu, zu einem Gespräch einzuladen; bei einem Brief mit dem Foto einer weniger hübschen Frau nur in 13,6. Wirklich bemerkenswert ist aber das Ergebnis bei den Bewerbungen sehr attraktiver Damen. Von denen durften sich nur 12,8 Prozent bei ihrem potenziellen Arbeitgeber vorstellen.
Entgegen der Annahme, Schönheit werde stets bevorzugt, sind also der Studie zufolge gut aussehende Frauen in Sachen Jobsuche klar im Nachteil. Die Autoren: »Die ›Abstrafung‹ des schönen weiblichen Geschlechts widerspricht eindeutig der aktuellen psychologischen Literatur. Darin wird beschrieben, dass äußerliche Attraktivität von Frauen wie Männern mit allgemein positiven Eigenschaften gleichgesetzt wird.« Als Fazit schlagen sie Frauen vor, es wie die Amerikaner zu machen: Bei der Bewerbung einfach das Foto weglassen – wie auch immer Sie aussehen mögen. »Das erhöht Ihre Aussichten auf einen Job um 20 bis 30 Prozent.«
wem nützt es? Mit ihrer Untersuchung wollen die Autoren zeigen, dass entgegen landläufiger Vorstellungen in der Arbeitswelt Diskriminierung aufgrund von Schönheit ein Thema ist. Und nicht erst nach der Einstellung, etwa durch geringere Gehälter, sondern bereits davor. Hauptsächlich wurden gut aussehende Frauen benachteiligt, wenn sie ihr Schreiben direkt an die Firma gesandt hatten, in der die Stelle zu besetzen war. Bewarben sie sich hingegen bei einer Personalvermittlung oder Leiharbeitsfirma, hatten sie dieselben Chancen wie alle anderen.
Um eine Bestätigung für ihre Vermutung zu erhalten, führten Ruffle und Shtudiner zusätzlich ein nachträgliches Experiment durch. Sie setzten sich ans Telefon und riefen die Zuständigen in den Personalabteilungen an, die die Auswahl vorgenommen hatten. In 96 Prozent aller Fälle waren sie weiblich. Zudem meist jung und Single. »Es deutet alles darauf hin, dass Eifersucht auf eine potenzielle attraktive Kollegin im Job der Grund für die Wahl ist«, so Ruffle. »Die hübsche Frau am Schreibtisch nebenan bedeutet einfach zu viel Konkurrenz.«