Kassel

Naomi Beckwith wird die documenta 16 kuratieren

Die 48-Jährige ist stellvertretende Direktorin und Chefkuratorin des New Yorker Guggenheim Museums

 18.12.2024 14:21 Uhr

Naomi Beckwith wurde 1976 in Chicago geboren. Foto: Nicolas Wefers

Die 48-Jährige ist stellvertretende Direktorin und Chefkuratorin des New Yorker Guggenheim Museums

 18.12.2024 14:21 Uhr

Naomi Beckwith (48) wird die documenta 16 im Jahr 2027 kuratieren. Dies gaben die Verantwortlichen der Weltkunstschau am Mittwoch in Kassel bekannt. Beckwith ist stellvertretende Direktorin und Chefkuratorin des New Yorker Guggenheim Museums. Sie bezeichnete die documenta als Institution. Es sei ein »absolutes Geschenk«, die Ausstellung leiten zu dürfen.

Am Guggenheim Museum betreut Naomi Beckwith laut Mitteilung der documenta Sammlungen, Ausstellungen, Publikationen, kuratorische Programme und Archive und verantwortet die strategische Ausrichtung innerhalb des internationalen Netzwerks der angegliederten Museen. Zuvor hatte sie kuratorische Positionen am Museum of Contemporary Art Chicago und am Studio Museum in Harlem inne. »Ihre Ausstellungen, Vorträge und Publikationen beschäftigen sich mit der Wirkung und Resonanz Schwarzer Kultur auf multidisziplinäre Praktiken in der globalen zeitgenössischen Kunst«, hieß es weiter in der Mitteilung der documenta.

2013 hatte Beckwith im Museum of Contemporary Art Chicago die Ausstellung Homebodies kuratiert, an der unter mehr als 30 Künstlern auch der israelische Künstler Guy Ben-Ner teilgenommen hatte.

Die documenta 15 war von Antisemitismus-Skandalen überschattet

Beckwith tritt als Künstlerische Leitung die Nachfolge des indonesischen Künstlerkollektivs ruangrupa an, das die umstrittene documenta fifteen im Jahr 2022 kuratiert hat. Die Schau war von Antisemitismus-Skandalen überschattet worden. 

Bereits im Vorfeld der Kunstausstellung waren erste Stimmen laut geworden, die ruangrupa und einigen eingeladenen Künstlern eine Nähe zur anti-israelischen Boykottbewegung BDS vorwarfen. Kurz nach der Eröffnung der documenta fifteen wurde eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und abgehängt. Später lösten weitere antisemitisch konnotierte Werke scharfe Kritik und Forderungen nach einem Abbruch der Ausstellung aus.

Verzögerungen im Findungsprozess

Auch bei der Suche nach einer Künstlerischen Leitung für die documenta 16 kriselte es. Nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen ein Mitglied der Findungskommission für die 2027 geplante Schau war im November 2023 zunächst dieses Mitglied und später die gesamte Findungskommission zurückgetreten. Ein neues Gremium hatte der Aufsichtsrat der Weltkunstschau erst Anfang Juli berufen. Die Folge: Die neue Kuratorin hat nun fast ein Jahr weniger Vorbereitungszeit. 

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sieht die documenta »nun auf einem sehr guten Weg«.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sagte am Mittwoch zu der Entscheidung, insgesamt sei »die documenta nun auf einem sehr guten Weg. Es fand eine Aufarbeitung der Geschehnisse der d15 statt, strukturelle Defizite wurden klar benannt und wichtige Entscheidungen für eine Strukturreform getroffen. Gerade dies ist eine Voraussetzung für eine weitere Förderung durch den Bund«.

Etablierung eines wissenschaftlichen Beirats

Besonders zu begrüßen, so Roth, sei die Etablierung eines wissenschaftlichen Beirats, der die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat berät. »Ein solches unabhängiges Gremium hat in der Vergangenheit gefehlt. Der Bund hat nun direkt zwei Sitze mit Stimmrecht. Der Aufsichtsrat wird in seiner Rolle gestärkt und hat künftig die klar definierte Aufgabe, das entscheidende Aufsichtsgremium zu sein.«

Roth teilte weiter mit, sie begrüße es auch sehr, »dass die documenta sich in aller Klarheit gegen Antisemitismus positioniert und auch jeder anderen Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aktiv entgegentreten will. Zugleich steht sie als Veranstalterin einer global richtungsweisenden Ausstellung für die Kunstfreiheit in einer weltoffenen Gesellschaft ein«.

Die documenta gilt neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst. Die 16. Ausgabe soll vom 12. Juni bis 19. September in Kassel 2027 stattfinden. dpa/ja

Lesen Sie mehr in der kommenden Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Doku

Über eine weitreichende Unwahrheit

»W. – was von der Lüge bleibt« (2020) nähert sich der Lebensgeschichte von Bruno Dösekker alias Wilkomirski, der die Identität eines Schoa-Überlebenden annahm

von Silvia Bahl  17.01.2025

Sehen!

»Traumnovelle«

Der Film arbeitet sich an den sieben anekdotischen Kapiteln der literarischen Vorlage von Arthur Schnitzler entlang

von Britta Schmeis  17.01.2025

Kino

»Wie eine Art Heimkehr«

Schauspielerin Jennifer Grey über den Film »A Real Pain« und Dreharbeiten in Polen

von Patrick Heidmann  16.01.2025

Nachruf

Der Soziologe und das »Gedächtnistheater«

Eine persönliche Erinnerung an Y. Michal Bodemann, der sich unter anderem mit Erinnerungspolitik in Deutschland beschäftigte

von Janine Cunea  16.01.2025

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 18. bis zum 27. Januar

 16.01.2025

Freiburg

Kurde aus Syrien eröffnet israelisches Restaurant

Der Besitzer wird schon länger bedroht. Er lässt sich jedoch nicht abschrecken

von Christian Böhmer  16.01.2025

Malerei

First Ladys der Abstraktion

Das Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden zeigt farbenfrohe Bilder jüdischer Künstlerinnen

von Dorothee Baer-Bogenschütz  15.01.2025

Frankreich

Iris Knobloch bleibt Präsidentin des Filmfestivals Cannes

Sie ist die erste Frau an der Spitze des Festivals

 15.01.2025

London

Autor Neil Gaiman weist Vorwürfe sexueller Übergriffe zurück

Im »New York Magazine« werfen mehrere Frauen dem britischen Fantasy- und Science-Fiction-Autor entsprechende Taten vor. Nun äußert sich der 64-Jährige

 15.01.2025