Naomi Beckwith (48) wird die documenta 16 im Jahr 2027 kuratieren. Dies gaben die Verantwortlichen der Weltkunstschau am Mittwoch in Kassel bekannt. Beckwith ist stellvertretende Direktorin und Chefkuratorin des New Yorker Guggenheim Museums. Sie bezeichnete die documenta als Institution. Es sei ein »absolutes Geschenk«, die Ausstellung leiten zu dürfen.
Am Guggenheim Museum betreut Naomi Beckwith laut Mitteilung der documenta Sammlungen, Ausstellungen, Publikationen, kuratorische Programme und Archive und verantwortet die strategische Ausrichtung innerhalb des internationalen Netzwerks der angegliederten Museen. Zuvor hatte sie kuratorische Positionen am Museum of Contemporary Art Chicago und am Studio Museum in Harlem inne. »Ihre Ausstellungen, Vorträge und Publikationen beschäftigen sich mit der Wirkung und Resonanz Schwarzer Kultur auf multidisziplinäre Praktiken in der globalen zeitgenössischen Kunst«, hieß es weiter in der Mitteilung der documenta.
2013 hatte Beckwith im Museum of Contemporary Art Chicago die Ausstellung Homebodies kuratiert, an der unter mehr als 30 Künstlern auch der israelische Künstler Guy Ben-Ner teilgenommen hatte.
Die documenta 15 war von Antisemitismus-Skandalen überschattet
Beckwith tritt als Künstlerische Leitung die Nachfolge des indonesischen Künstlerkollektivs ruangrupa an, das die umstrittene documenta fifteen im Jahr 2022 kuratiert hat. Die Schau war von Antisemitismus-Skandalen überschattet worden.
Bereits im Vorfeld der Kunstausstellung waren erste Stimmen laut geworden, die ruangrupa und einigen eingeladenen Künstlern eine Nähe zur anti-israelischen Boykottbewegung BDS vorwarfen. Kurz nach der Eröffnung der documenta fifteen wurde eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und abgehängt. Später lösten weitere antisemitisch konnotierte Werke scharfe Kritik und Forderungen nach einem Abbruch der Ausstellung aus.
Verzögerungen im Findungsprozess
Auch bei der Suche nach einer Künstlerischen Leitung für die documenta 16 kriselte es. Nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen ein Mitglied der Findungskommission für die 2027 geplante Schau war im November 2023 zunächst dieses Mitglied und später die gesamte Findungskommission zurückgetreten. Ein neues Gremium hatte der Aufsichtsrat der Weltkunstschau erst Anfang Juli berufen. Die Folge: Die neue Kuratorin hat nun fast ein Jahr weniger Vorbereitungszeit.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sieht die documenta »nun auf einem sehr guten Weg«.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sagte am Mittwoch zu der Entscheidung, insgesamt sei »die documenta nun auf einem sehr guten Weg. Es fand eine Aufarbeitung der Geschehnisse der d15 statt, strukturelle Defizite wurden klar benannt und wichtige Entscheidungen für eine Strukturreform getroffen. Gerade dies ist eine Voraussetzung für eine weitere Förderung durch den Bund«.
Etablierung eines wissenschaftlichen Beirats
Besonders zu begrüßen, so Roth, sei die Etablierung eines wissenschaftlichen Beirats, der die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat berät. »Ein solches unabhängiges Gremium hat in der Vergangenheit gefehlt. Der Bund hat nun direkt zwei Sitze mit Stimmrecht. Der Aufsichtsrat wird in seiner Rolle gestärkt und hat künftig die klar definierte Aufgabe, das entscheidende Aufsichtsgremium zu sein.«
Roth teilte weiter mit, sie begrüße es auch sehr, »dass die documenta sich in aller Klarheit gegen Antisemitismus positioniert und auch jeder anderen Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aktiv entgegentreten will. Zugleich steht sie als Veranstalterin einer global richtungsweisenden Ausstellung für die Kunstfreiheit in einer weltoffenen Gesellschaft ein«.
Die documenta gilt neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst. Die 16. Ausgabe soll vom 12. Juni bis 19. September in Kassel 2027 stattfinden. dpa/ja