Thalia Theater

Nahost auf der Bühne

Auf dem Podium: ARD-Korrespondent Jörg Armbruster und Joschka Fischer (v.l.) Foto: Gesche M. Cordes

Benefiz- oder Unterstützungsveranstaltungen haftet oftmals etwas Bemühtes an, das lohnende Projekt, das politische Vorhaben auch ja ins richtige Licht zu rücken. Ganz anders ist das bei der Dialogreihe »Bridging the Gap« des Hamburger Vereins zur Förderung des Israel-Museums in Jerusalem, die dieser gemeinsam mit dem Hamburger Thalia Theater ausrichtet.

Dabei geht es dem bereits 1989 gegründeten Verein darum, Gelder für ein Jugendprojekt des Israel-Museums einzuwerben, das mittels Kunstunterricht und Ausstellungen in Israels Hauptstadt regelmäßig israelische und palästinensische Kinder und Jugendliche zusammenbringt. Oder wie es deren Vorsitzende Sonja Lahnstein-Kandel sagt: »Mittels Kunst werden manchmal politische Konflikte gelöst.«

Gespräch suchen Zugleich aber steht man generell für die Idee, dass es bei aller Härte politischer Konflikte besser ist, früher als später miteinander zu reden, um der Gewaltspirale zu entkommen. Und da sei das Thalia Theater ein nahezu idealer Partner, dachte sich dessen Intendant Joachim Lux. Schließlich hat er sich seit Langem zum Programm gemacht, sein Haus nicht allein dem Theater zu widmen, sondern auch den verschiedenen Konflikten eine Bühne zu bieten.

Im vergangenen Jahr widmeten sich die »Bridging the Gap«-Veranstaltungen so unterschiedlichen Themen wie der Rolle der Intellektuellen in der europäischen Krise, Fragen der jüdischen Identität in Europa oder fragte: »Pulverfass Nahost – sind die Frauen klüger?«. Immerhin 5000 zahlende Besucher kamen zusammen; nun hat man sich entschlossen, die Reihe fortzusetzen.

Für die Auftaktveranstaltung hatte man sich ein wahrhaft politisches Schwergewicht eingeladen: den ehemaligen Außenminister Joschka Fischer. Der war nicht nur deshalb ein passender Gesprächspartner, weil er als Mitglied der so lange strikt pazifistisch ausgerichteten Partei Die Grünen den ersten Kriegseinsatz der Bundeswehr zu verantworten hat; zugleich erzählt seine politische Biografie auch von der Möglichkeit des Wandels. Denn aus dem einstigen Straßenkämpfer und dann grünen Moralisten, der stets genau wusste, wer die Guten und wer die Bösen sind, ist heute ein nachdenklicher, zwischen moralischen Idealen und Realpolitik durchaus schwankender Staatsmann geworden.

Friedensverhandlungen Moderiert vom ARD-Krisenreporter Jörg Armbruster ging es natürlich um die Ukraine-Krise, um das erschütterte Verhältnis des Westens zu Russland, aber auch um den syrischen Bürgerkrieg und die schwierige Lage im Nahen Osten. »Das dortige Scheitern der amerikanischen Friedensbemühungen wird Folgen auch für Europa haben.« Keine Patentrezepte unterschrieb Fischer, keine hemdsärmeligen Thesen vertrat er; er wies vielmehr auf die Mühen von Friedensverhandlungen hin und versuchte doch, Hoffnung auszustrahlen. Und so passte sein Auftritt zum Vorhaben des Hamburger Vereins: Unverdrossen Brücken zu schlagen, auch wenn man oft nicht weiß, woher man das Baumaterial dafür nehmen soll.

Nächste Veranstaltung: »Macht und Gegenmacht: Schalten die globalen NGOs und Konzerne die Demokratie aus?« Thalia Theater: 16. Juni, 20 Uhr. Eintritt: 14, ermäßigt 8 Euro.

Kolumne

Aus der Schule des anarchischen Humors in Minsk

»Nackte Kanone« und »Kukly«: Was mich gegen die Vergötzung von Macht und Machthabern immunisierte

von Eugen El  24.12.2024

Rezension

Die Schönheit von David, Josef, Ruth und Esther

Ein Sammelband bietet Einblicke in die queere jüdische Subkultur im Kaiserreich und der Weimarer Republik

von Sabine Schereck  24.12.2024

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Dezember bis zum 2. Januar

 23.12.2024

documenta

Retterin aus den USA?

Naomi Beckwith übernimmt die Künstlerische Leitung der Kasseler Schau, die für 2027 geplant ist

von Eugen El  23.12.2024

Kino

Neue Chefin, neues Festival? Das bringt die Berlinale 2025

Tricia Tuttle übernimmt die Leitung des Filmfests, das vergangenes Jahr von einem Antisemitismus-Skandal überschattet wurde

 23.12.2024

Theater

Wenn Schicksale sich reimen

Yael Ronens »Replay« erzählt die Geschichte einer DDR-Familie in Zyklen

von Leonie Ettinger  22.12.2024

Gute Vorsätze

100 Prozent Planerfüllung

Warum unsere Redakteurin 2025 pünktlicher sein will als die Deutsche Bahn

von Katrin Richter  22.12.2024

Meinung

Eine Replik von Eva Menasse auf Lorenz S. Beckhardts Text »Der PEN Berlin und die Feinde Israels«

von Eva Menasse  21.12.2024

Hessen

Darmstadt: Jüdische Gemeinde stellt Strafanzeige gegen evangelische Gemeinde

Empörung wegen antisemitischer Symbole auf Weihnachtsmarkt

 19.12.2024 Aktualisiert