Hochschule

Nächste Ausfahrt Erfurt?

Thüringen möchte eine Jüdische Fakultät einrichten

von Ingo Way  02.01.2012 17:28 Uhr

Neue Akzente: Universität Erfurt Foto: dpa

Thüringen möchte eine Jüdische Fakultät einrichten

von Ingo Way  02.01.2012 17:28 Uhr

Ein Zeichen der Aussöhnung wolle sie setzen, sagte Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) anlässlich ihrer Israelreise in der vergangenen Woche. Doch nicht nur der obligatorische Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem stand auf dem Reiseplan der Politikerin, deren Bundesland in letzter Zeit wegen der rechtsradikalen Terrorzelle NSU eher für negative Schlagzeilen gesorgt hatte. Zwischen Gesprächen mit israelischen und palästinensischen Offiziellen machte die Landeschefin auch eine Ankündigung von innenpolitischer Brisanz: In dem Freistaat, sagte Lieberknecht, solle eine Fakultät für Jüdische Studien eingerichtet werden.

Der Platz der künftigen Fakultät solle die Universität Erfurt sein, wie Lieberknecht dem Mitteldeutschen Rundfunk sagte. Denn dort gibt es bereits jetzt einen Lehrstuhl für Judaistik, der entsprechend ausgebaut werden könne.

Die Thüringer Staatskanzlei teilte mit, dass der formelle Auftrag zur Gründung der Fakultät bereits im Januar erteilt werden solle. Als Forschungsschwerpunkte nannte die Staatskanzlei Geschichte, Religion und Kultur des Judentums in Deutschland und Europa. Bei der Aufarbeitung dieser Geschichte sollten »neue wissenschaftliche Akzente« gesetzt werden, hieß es. Die Staatskanzlei berief sich außerdem auf das jüdische Erbe der Landeshauptstadt Erfurt – namentlich den Jüdischen Schatz und die Alte Synagoge –, das für die Forschung genutzt werden müsse.

Zentrum Brisanz bekommt diese Ankündigung vor dem Hintergrund der Debatte um das Abraham-Geiger-Kolleg (AGK) in Potsdam und die Gründung einer Fakultät für Jüdische Theologie im Bundesland Brandenburg. AGK-Direktor Walter Homolka möchte bekanntlich sein Institut zu einer vollwertigen Universitätsfakultät aufgewertet sehen (vgl. Jüdische Allgemeine vom 17. November 2011).

Doch die Brandenburger Mühlen mahlen Homolka zu langsam, obwohl sich die parteilose Wissenschaftsministerin Sabine Kunst bereits für die Gründung einer solchen Fakultät ausgesprochen hatte. Eine endgültige Entscheidung, sagte Kunst vor wenigen Tagen, solle aber erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2012 getroffen werden. Die Fakultät in Potsdam wäre dann Teil des geplanten Zentrums für jüdische Studien Berlin-Brandenburg, das der Bund mit 4,3 Millionen Euro bezuschussen will und das sämtliche wissenschaftliche Einrichtungen der Region, die sich mit Judentum beschäftigen, bündeln soll.

Das Geiger-Kolleg, das bereits Gespräche mit der Universität Erlangen-Nürnberg über einen möglichen Umzug nach Bayern geführt hat, zeigt sich nun auch von der Ankündigung der Thüringer Ministerpräsidentin erfreut. Was in Brandenburg zwei Jahre dauere, sagte Homolka den Potsdamer Neuesten Nachrichten, »wird in Thüringen mit wenigen Telefonaten geklärt. Das hat Handschlagqualität.« Doch auch in Erfurt wird sich eine Fakultät nicht in kürzester Zeit aus dem Boden stampfen lassen. Das Ringen um die Jüdischen Studien geht also weiter.

Film

Das Erbe des Rudolf Höß

Die Doku »Der Schatten des Kommandanten« ist eine wichtige Ergänzung zu Jonathan Glazers Spielfilm »The Zone Of Interest«

von Ayala Goldmann  12.02.2025 Aktualisiert

Künstliche Intelligenz

So Fake, aber so gut

Ein AI-generiertes, an den Antisemiten Kanye West adressiertes Video geht gerade viral. Und es ist eine Wohltat!

von Sophie Albers Ben Chamo  12.02.2025

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 13. Februar bis zum 20. Februar

 12.02.2025

Thüringen

Jüdisches Festival aus Geschichte und Gegenwart

Eine hochkarätige Mischung aus Ausstellungen, Lesungen, Konzerten und politischen Formaten wird geboten

 12.02.2025

Berlinale

Zurück auf Los

Das diesjährige Programm bietet tatsächlich mehr Ausgewogenheit. Einige Kino-Vorschläge zur Güte

von Sophie Albers Ben Chamo  12.02.2025

Hamburg

Wolf Biermann erhält Gema-Preis für sein Lebenswerk

Mit seinen Liedern und Gedichten prägte der Liedermacher die deutsch-deutsche Geschichte. Nun reiht sich eine weitere Auszeichnung in seine Sammlung ein - und der Hamburger reagiert gewohnt humorvoll

 12.02.2025

Berlin

Zwischen Glamour und Gaza: Die Berlinale zum Mitreden

Hollywoodstars wie Timothée Chalamet und Robert Pattinson kommen zu Deutschlands größtem Filmfestival. Auch sonst verspricht die Berlinale viel Gesprächsstoff - darunter politisch brisante Filme

von Sabrina Szameitat  12.02.2025

Berlinale

»Ich werde mich entschuldigen«

Die neue Berlinale-Chefin verspricht ein Filmfestival mit Haltung. Tricia Tuttle im Interview über den Skandal des vergangenen Jahres und Debattenkultur

von Sophie Albers Ben Chamo  11.02.2025

London

Harrison Ford darf in seinen Filmen selten Bart tragen

Er hat eines der bekanntesten Gesichter Hollywoods. Jetzt hat der jüdische Darsteller verraten, warum er meistens gut rasiert vor der Kamera steht

 11.02.2025