Nach erneutem Antisemitismus-Skandal

Zentralrat erhebt schwere Vorwürfe gegen neuen documenta-Chef

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: dpa

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat den Interims-Geschäftsführer der documenta, Alexander Farenholtz, scharf kritisiert. »Es zeigt sich einmal mehr, dass niemand bei der documenta bereit ist, sich mit Antisemitismus auseinanderzusetzen oder ihn zu verhindern«, betonte Zentralratspräsident Josef Schuster im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen.

Und weiter: »Die versprochene fachwissenschaftliche Begleitung hätte allerhand zu tun. Es ist unverständlich, dass sie noch nicht eingerichtet ist. Ebenso wie Frau Schormann scheint auch Herr Farenholtz nicht bereit zu sein, gegenüber Israelfeinden Haltung einzunehmen.«

TERROR Der Hintergrund: Auf der Weltkunstausstellung »documenta fifteen« in Kassel sind erneut antisemitische Bilder entdeckt worden. Im Museum Fridericianum seien faksimilierte Zeitungen und Broschüren des algerischen Archivs »Luttes des Femmes en Algérie« auf Tischen ausgelegt, teilte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) am Mittwoch in Marburg mit.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Das Heft »Presence des Femmes« von 1988 enthalte Zeichnungen des syrischen Künstlers Burhan Karkoutly, der im Jahr des Palästinenseraufstands, der ersten Intifada, antisemitische Stereotype abbilde, erklärte die Pressesprecherin Susanne Urban. Die »Jüdische Allgemeine« hatte am Mittwoch zuerst darüber ausführlich berichtet.

Auf zwei Bildern werden israelische Soldaten, mit dem Davidstern am Helm gekennzeichnet, als entmenschlichte Roboter mit entblößten Zähnen dargestellt. Unter dem einen Bild bedroht ein Gewehrlauf einen jungen Mann, auf dem anderen packt ein solcher Roboter-Soldat ein Kind am Ohr.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die Bilder griffen die mittelalterlichen antisemitischen Stereotype der Juden als Kindermörder auf, erläuterte Urban. Die Darstellungen verlagerten diese Stereotype auf den jüdischen Staat, dem damit das Existenzrecht abgesprochen werde. Auf einem anderen Bild tritt eine Frau einem israelischen Soldaten in den Unterleib, dessen Gesicht mit übergroßer Hakennase in der Tradition antisemitischer Karikaturen gezeichnet ist.

aufsichtspersonal Ein Besucher habe das Aufsichtspersonal auf die Abbildungen aufmerksam gemacht und RIAS informiert, sagte Urban. Daraufhin seien die Broschüren zunächst entfernt, kurz darauf aber wieder zurückgelegt worden. Die documenta lasse die Schau mit antisemitischen Bildern einfach weiterlaufen, kritisierte Urban.

Auch die Werkserie »Gaza - Guernica«, die Israel mit Hitler-Deutschland parallelisiere, und die antisemitischen Videos aus dem Umfeld der »Japanischen Roten Armee« würden weiter gezeigt. Die Leitung der documenta lasse es an Verantwortung missen, sagte Urban. Die Schau nehme keine Rücksicht auf die jüdische Gemeinschaft. epd/ja

Meinung

Warum quält mich die Zahl 565.920?

Unsere Autorin fragt sich, ob sie einen philosemitischen Knall hat – weil ihr Mitgefühl für die israelischen Geiseln größer ist als ihre Empathie mit Zivilisten in Gaza

von Maria Ossowski  10.11.2024

Ausstellung

Papa in der Wolke

»Im Angesicht des Todes« in Frankfurt am Main zeigt auch Werke der israelischen Biennale-Künstlerin Ruth Patir

von Dorothee Baer-Bogenschütz  10.11.2024

Andreas Brämer

»Ein Kreis, der sich schließt«

Der neue Rektor über die Weiterentwicklung der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg, Besetzungen vakanter Lehrstühle und die gesellschaftliche Relevanz von Forschung

von Ayala Goldmann  10.11.2024

Alfons

»Irgendetwas ist defekt bei uns«

Der Kabarettist Emmanuel Peterfalvi wurde als »Alfons« berühmt. Im Interview spricht er über seine Großmutter, die Auschwitz überlebte - und warum er trotzdem Deutscher wurde.

von Katrin Richter  09.11.2024

Schoa

»Warum hat er uns das nie erzählt?«

Was geschieht, wenn eine jüdische Familie ein lange verschlossenes Kapitel der Vergangenheit öffnet

von Mascha Malburg  08.11.2024

Interview

»Wir stehen hinter jedem Film, aber nicht hinter jeder Aussage«

Das jüdische Filmfestival »Yesh!« in Zürich begeht diese Woche seine 10. Ausgabe, aber den Organisatoren ist kaum zum Feiern zumute. Ein Gespräch mit Festivaldirektor Michel Rappaport über den 7. Oktober und Filme, die man zeigen soll

von Nicole Dreyfus  07.11.2024

Kino

Die musikalische Vielfalt vor der Schoa

Ein Musikfilm der anderen Art startet zu einem symbolträchtigen Datum

von Eva Krafczyk  07.11.2024

Kultur

Sehen. Hören. Hingehen.

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 7. November bis zum 17. November

 07.11.2024

Kolumne

Mit Skibrille zur Vernissage

Warum sich das örtliche Kunstmuseum einer mittelgroßen Stadt in Deutschland kaum von der documenta unterscheidet

von Eugen El  07.11.2024