Modern und jugendlich, so präsentierte sich das Julius-Stern-Institut am vergangenen Samstag bei seinem Festkonzert in der Universität der Künste in Berlin. Die Programmauswahl, Stücke von Vivaldi und Piazzolla, standen dabei bewusst für die Gegenwart. Mit Jungsolisten wie dem 15-jährigen David Malaev oder dem zehnjährigen Elias Moncado, beide Geiger im Orchester von Dirigent Zvi Carmeli, setzt die Institutsleitung damit klare Akzente. Obwohl die Struktur heute eine andere ist, knüpft das Julius-Stern-Institut mühelos an den Ruhm des einstigen »Stern’schen Konservatoriums« an. Hat doch das Berliner Institut nicht nur den Namen, sondern mit der Ausbildung und Förderung junger Musiker auch eines der Hauptziele seines Gründervaters Julius Stern übernommen.
Ganz in der Tradition europäischer Konservatorien etablierte Julius Stern, einstiges jüdisches Geigenwunderkind aus Breslau, vor 160 Jahren seine »Musikschule« mit drei Hauptausrichtungen – Berufsausbildung, Laienstudium und Ausbildung hochbegabter Kinder. Was 1850 mit nur 14 Schülern in der Dorotheenstraße begann, profilierte sich unter Sterns Direktorat rasch zur Erfolgsgeschichte. Geigen-, Cello- und Klavierunterricht bildeten die Grundlage, später kamen Gesangsausbildung und Komposition hinzu. Nach seinem Tod übernahm Sterns Schwägerin und Meisterschülerin Jenny Meyer das Institut und gliederte eine komplette Opernschule an.
weltruhm Zu Weltruhm gelangte das »Stern’sche Konservatorium« jedoch erst unter ihrem Nachfolger Gustav Hollaender, der das Angebot der wachsenden Nachfrage anpasste und es auf alle Orchesterinstrumente erweiterte. 1899 bezog das Institut seine prominenteste Adresse: das Vorderhaus der alten Philharmonie in der Bernburger Straße.
Im Jahr 1936 beendete der Nationalsozialismus die über 80-jährige Tradition privater Musikausbildung am »Stern’schen Konservatorium« jäh. Die Nazis zwangen die Erben von Gustav Hollaender, das renommierte Institut von Weltrang zu einem geringen Preis an die Stadt Berlin zu verkaufen, und schalteten es zum »Konservatorium der Reichshauptstadt Berlin« gleich. Als Ort der Ausbildung und des Austauschs lebte das Institut jedoch unter anderer Adresse weiter, wenngleich sich seine Prioritäten von da an verlagerten. Denn in der Sybelstraße gründeten Kurt Hollaender und Susanne Landsberg-Hollaender die »Jüdische private Musikschule Hollaender«, in der jüdische Lehrkräfte fortan jüdische Schüler unterrichteten und in der es auch erstmals jüdische Lehrinhalte gab. Besonders die hochwertige Kantorenausbildung hat später vielen emigrierten Musikern das Überleben in den Exilländern gesichert. Kurt Hollaender und seine Schwester Susanne Landsberg-Hollaender wurden 1941 deportiert und ermordet.
firma Nach späten Entschädigungszahlungen der Bundesregierung an die überlebenden Mitglieder der Hollaender-Familie erwarb die Stadt Berlin in den 60er-Jahren die Firmenbezeichnung und damit die Tradition hochwertiger Musikausbildung. »Alles was gut ist, muss weiter bestehen, nur mit modernen Akzenten«, so Institutsleiterin Anita Rennert. Als moderne Universitätseinrichtung gehört das Julius-Stern-Institut seit seiner Fusion mit der Universität der Künste im Jahr 1966 heute wieder zu den renommiertesten Ausbildungsstätten in Deutschland und Europa. Hier haben musikalisch hochbegabte Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, sich auszubilden, kennenzulernen, auszutauschen und aufzutreten – ganz im Geist der einstigen Gründerväter.