Universität

Musik als Widerstand

Jascha Nemtsov Foto: Marko Priske

Neuer Lehrstuhlinhaber am Institut für Musikwissenschaft der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar ist der Pianist und Musikwissenschaftler Jascha Nemtsov, zuvor Akademischer Studienleiter des Kantorenseminars des Abraham Geiger Kollegs. Die neu geschaffene Professur für die Geschichte der jüdischen Musik ist der erste voll ausgestattete Lehrstuhl für jüdische Musikgeschichte in Europa.

Für Hochschulpräsident Christoph Stölzl vertritt Nemtsov, der 1963 im sibirischen Magedan geboren wurde, »den Idealtypus des forschenden Musikers beziehungsweise des musizierenden Wissenschaftlers – beide Rollen gehören bei ihm untrennbar zusammen«.

Musikgeschichte Das wurde in seiner Antrittsvorlesung »Musik als geistiger Widerstand« am 3. Dezember im Festsaal des Fürstenhauses in Weimar deutlich: Nemtsov verband seinen Vortrag zur Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts, das vom Totalitarismus geprägt war, mit einem Konzert mit Werken von vier Komponisten, die Opfer des Nationalsozialismus und des Stalinismus wurden und deren Widerstandswille in ihrer Musik zum Ausdruck kommt.

Nemtsov spielte eine Sonate von Gideon Klein (entstanden 1943 in Theresienstadt), das Werk Nigun/Arie von Jakob Schönberg aus der Chassidischen Suite (Berlin 1937) und drei Volkstänze von Alexander Weprik (Moskau 1926). Zum Abschluss brachte er Auszüge aus dem Zyklus 24 Präludien und Fugen von Vsevolod Zaderatsky, die dieser 1937/38 im Gulag in Kolyma komponiert hatte, zur Uraufführung.

Lebenswillen Seinen Vortrag beschloss Jascha Nemtsov mit einem Zitat des Komponisten Victor Ullmann, der 1942 nach Theresienstadt deportiert und 1944 in Auschwitz-Birkenau ermordet wurde: »Zu betonen ist nur, dass ich in meiner musikalischen Arbeit durch Theresienstadt gefördert und nicht etwa gehemmt worden bin, dass wir keineswegs bloß klagend an Babylons Flüssen saßen und dass unser Kulturwille unserem Lebenswillen adäquat war.«

Für das Publikum im voll besetzten Saal (darunter der Fraktionsvorsitzende der Linken im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, und der Berliner Domkantor Tobias Brommann) boten Musik und Vortrag Stoff für ausgiebige Diskussionen.

Sam Sax

Apokalyptisch in New York

Der queere Coming-of-Age-Roman »Yr Dead« beschreibt eine Selbstverbrennung

von Katrin Diehl  20.10.2024

Tatort

Alte Kriegsverbrechen und neue Zivilcourage

Im neuen Murot-»Tatort« findet ein Kriminalfall im Zweiten Weltkrieg in die Gegenwart. Und Hauptdarsteller Ulrich Tukur treibt doppeltes Spiel

von Andrea Löbbecke  20.10.2024

Buchmesse

Friedenspreis des deutschen Buchhandels für Anne Applebaum

Als die Historikerin Anne Applebaum in Frankfurt mit dem Buchhandels-Friedenspreis geehrt wurde, richtete sie einen dramatischen Appell an die Welt

von Christiane Laudage, Christoph Arens, Volker Hasenauer  20.10.2024

Dialog

»Brave Space« für Trialog

Wie Shai und Jouanna im Gespräch bleiben

von Eva Lezzi  20.10.2024

Essay

Warum Juden in Deutschland zur »Heimatfront« geworden sind

Unsere Gastautorin Esther Schapira über die kurze Erleichterung nach dem Tod Sinwars und den antisemitischen Dammbruch in der Bundesrepublik

von Esther Schapira  20.10.2024

Aufgegabelt

Gefüllter Kürbis

Rezepte und Leckeres

von Katrin Richter  20.10.2024

Geschichte

Derrick, der Kommissar von der Waffen-SS

Horst Tappert wurde in der Bundesrepublik als TV-Inspektor Derrick gefeiert – bis ein erhebliches Problem in seinem Lebenslauf bekannt wird

von Thomas Gehringer  19.10.2024

Fernsehen

»Das Schweigen«

Die preiswürdige Dokumentation des Bayerischen Rundfunk erinnert an die Opfer der Schoa – und sollte in Schulen und Bildungseinrichtungen ein fester Bestandteil des Lehrplans werden

 20.10.2024 Aktualisiert

Standpunkt

Das Medienversagen

Täter-Opfer-Umkehr und Ja-aber: Viele Redaktionen in Deutschland verzerren Israels Kampf um seine Existenz - mit fatalen Folgen

von Maria Ossowski  16.10.2024