Es war ein Aufwand, wie ihn die bundesdeutsche Justiz bis dahin noch nicht betrieben hatte. Am 30. Juni 1981 endete der Prozess um die Nazi-Gräueltaten im KZ Maj- danek mit acht Schuldsprüchen gegen zwei ehemalige KZ-Aufseherinnen und sechs SS-Männer. Fünfeinhalb Jahre hatte das Düsseldorfer Landgericht dafür benötigt.
Der Majdanek-Prozess war der bis dahin längste und mit 20 Millionen D-Mark auch teuerste Strafprozess der deutschen Justizgeschichte. Doch angesichts der Haftstrafen von dreieinhalb Jahren aufwärts, mehreren Freisprüchen und nur einer Verurteilung wegen Mordes waren die meisten internationalen Beobachter enttäuscht. Die Jüdische Gemeinde zu Berlin protestierte: Die mitleidlose Ermordung von 250 000 Menschen habe »nicht einmal im Ansatz ihre gerechte Sühne gefunden«.
Dies zeigte, wie schwer sich die Justiz Jahrzehnte nach den Verbrechen mit deren Aufarbeitung tat. 350 Zeugen aus aller Welt, darunter 215 ehemalige KZ-Häftlinge, wurden vom Gericht und dem Vorsitzenden Richter Günter Bogen vernommen. Im Ermittlungsverfahren waren es sogar 1.000 Zeugen. Traumatisierte Überlebende berichteten von Massenerschießungen kranker Häftlinge und der »Kinderaktion«, dem Abtransport von Kindern zur Vergasung vor den Augen ihrer Mütter. So präsent die unfassbaren Leiden den Zeugen noch waren, so schwer fiel es ihnen, die biederen Männer und Frauen auf der Anklagebank als Mordgesellen zu identifizieren.
Das Gericht hatte die meisten Angeklagten nur als Mordgehilfen eingestuft. Eine Aufseherin, die sich durch besondere Brutalität hervortat, wurde als einzige wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Eine weitere Aufseherin erhielt wegen Beihilfe zum Mord zwölf Jahre Haft. Mit geringeren Strafen kamen die SS-Männer davon: zwischen dreieinhalb und zehn Jahren. Das Argument der Verteidiger, die Angeklagten hätten aus Befehlsnotstand gehandelt, ließ das Gericht nicht gelten. Es habe auch in der NS-Zeit andere Möglichkeiten als die offene Befehlsverweigerung gegeben, sich zu widersetzen.