Die Wende in der populären Musik kam mit einem gewissen Robert Zimmerman, einem Mann, der Anhängern und Kritikern immer wieder Rätsel aufgab. Wie kein zweiter Künstler beherrscht Bob Dylan die Technik der Identitäts-Maskerade. Immer dann, wenn man meint, ihn endlich verstanden zu haben, sagt er: Nein Baby, ich bin nicht der, für den du mich hältst!
Religion Doch in allen Phasen seines Schaffens sind seine Texte von der Religion geprägt. Von Anfang an hat er immer wieder mit Bibelzitaten gearbeitet, religiöse Bilder verwendet, mit messianischem Furor gesungen und musiziert. Dylan schreibt Weltliteratur fort, montiert sie für seine Zwecke, verleiht ihr neuen Glanz und gibt ihr, wenn man so will, einen neuen, ganz eigenen Sound. Das ist sozusagen der Kern einer zeitgenössischen Poetik, für die er weltweit bewundert wird.
Diese ganz eigene Dylan’sche Technik stellt der Literaturwissenschaftler Heinrich Detering nun in seinem neuen Buch Die Stimmen aus der Unterwelt: Bob Dylans Mysterienspiele ins Zentrum seiner literarischen Analyse. Der Biograf beleuchtet mit detektivischem Gespür Dylans Kunst – und öffnet den Blick für die erstaunlichen schöpferischen Möglichkeiten einer Songpoesie, ja von Poesie überhaupt in der Gegenwart. Wer dieses Buch gelesen hat, wird zudem dem wahren Folk- und Rockmusiker Dylan, der die Summe seiner einzelnen Schaffensphasen ist, auf die Spur kommen.
Heinrich Detering: »Die Stimmen aus der Unterwelt. Bob Dylans Mysterienspiele«. C. H. Beck, München 2016, 256 S., 19,95 €