Teil 1: Ankunft im Café mit Sprachgewirr
Ich bin zum dritten Mal in Berlin. Zuletzt habe ich die Stadt im Sommer 2006 besucht, während Israel und Libanon im Krieg waren. Eben war ich noch in Tel Aviv, hörte Nachrichten über Kämpfe und Konfrontationen – und einen Tag später war ich in Kreuzberg. Einem Bezirk, über den ich schon so viel gehört hatte. Eine bunte Szene zwischen Boheme und
türkischen Kaffeestuben.
Vier Jahre später begrüßt mich Berlin nach einer 20-stündigen Busfahrt von London mit viel Sonne und einem sanften Lächeln. Ich wohne im Bezirk Friedrichshain und sobald ich in die Nähe der Warschauer Straße komme, ist es wieder da: Mein Berlin – viele Graffitis, Frühstückscafés, in denen junge Pärchen sitzen. Vielleicht sind sie Touristen, vielleicht auch aus dem Ausland, so wie ich. Aber das ist egal, denn Berlin heißt jeden willkommen.
Ich frage mich, was Berlin von Städten wie Wien oder Paris unterscheidet. Vielleicht das: Berlin ist wie ein gebrochener Mensch der im Laufe der Jahre wieder stärker geworden und zu neuem Leben erwacht ist. Die lange und bewegende Geschichte, die Teilung der Stadt und ihr Zusammenwachsen haben Spuren hinterlassen. Mit einem guten Kaffee gestärkt, mache ich mich auf den Weg durch diese Stadt. Während meine Freunde in Tel Aviv schwitzen, begleiten mich angenehm warme Sonnenstrahlen durch Friedrichshain. Wie viele Sprachen ich auf meinem Weg höre: English, Französisch, Russisch und noch mehr Hebräisch. Wann immer ich auf Israelis treffe, erfahre ich, dass sie nicht nur als Touristen die Stadt erkunden, sondern hier leben, arbeiten oder studieren. Auch sie haben sich in die Stadt verliebt. Viele Künstler lassen sich hier nieder, weil sie das junge, das selbstbewusste und zugleich schüchterne Berlin entdecken möchten. Oder, weil sie, wie ich, vielleicht einfach im Liegestuhl in der Nähe der Museumsinsel sitzen und entspannen.
Ich denke an den Strand von Tel Aviv – dort muss man die Stühle mieten – und auch dort sitzen viele junge Menschen zusammen. Nur die Aussicht ist eine andere. Hier in Berlin sehe ich nicht den Horizont, aber das Pergamonmuseum, das im Wasser zu versinken scheint. Ich denke an ein kurzes Gespräch mit einer Frau im Bus. Sie erzählt mir von einem kleinen Puppentheater im Prenzlauer Berg. Dort spielen sie »Orpheus in der Unterwelt«. Das muss ich sehen.
Niva Yosef lebt und arbeitet als Schriftstellerin in Tel Aviv. Ihr Buch »Café betam Europa – Café mit europäischem Geschmack« erschien 2008. Im zweiten Teil wird sie vom Puppentheater überrascht, begegnet Musikern aus Tel Aviv und nähert sich dem Holocaustmahnmal.