Es gibt Regisseure, die hasten von Projekt zu Projekt und betrachten die Gegenstände ihrer Filme eher distanziert. Und es gibt Regisseure, die sind von einem Thema im besten Sinne ergriffen und lassen es so schnell nicht mehr los.
Die Regisseurin Isabel Gathof gehört zweifelsfrei zur letztgenannten Art Filmemacher. »Moritz Daniel Oppenheim ist Teil meines Lebens geworden«, sagt Gathof im Hanauer Museum Schloss Philippsruhe und betrachtet ein Selbstporträt des Malers, des bedeutendsten Chronisten der jüdischen Emanzipation im 19. Jahrhundert.
Heine 1800 in Hanau geboren, stieg Oppenheim im Laufe der Jahre zu einem gefragten Porträtmaler auf. Er fertigte Bildnisse der Frankfurter Bankiersfamilie Rothschild, porträtierte aber auch Intellektuelle wie Heinrich Heine und Ludwig Börne. Seine Darstellungen jüdischer Feiertage, die »Bilder aus dem altjüdischen Familienleben«, machten den 1882 in Frankfurt verstorbenen Oppenheim international bekannt.
Doch in jüngster Zeit geriet der Maler weitgehend in Vergessenheit, wenn man von einer Ausstellung im Jüdischen Museum Frankfurt im Jahr 2000 absieht. Das wollte Gathof ändern, als sie im Herbst 2013 anfing, sich näher mit Oppenheim zu beschäftigen. »Es war mir wichtig, dass er dem Vergessen entrissen wird«, sagt sie über ihre Motivation.
Am 25. Oktober kommt ihr Dokumentarfilm Moritz Daniel Oppenheim – Der erste jüdische Maler in die deutschen Kinos. In dem Werk verschränkt sie mehrere Erzählstränge: Sie begleitet die Entstehung des von Robert Schad und Pascal Coupot entworfenen, 2015 in Hanau eingeweihten Oppenheim-Monuments; sie besucht die Bildhauer in ihren Ateliers, filmt die Herstellung der mehrteiligen Plastik in einer Gießerei, dokumentiert Transport und Aufbau, und sie lässt zudem Kunsthistoriker zu Wort kommen, die Oppenheims Leben und Werk in den Zeitkontext einordnen.
Klänge Visuell untermalt werden die Statements von Oppenheims Gemälden und Grafiken. Eine Melange aus elektronischen und klassischen Klängen mit Reminiszenzen an Felix Mendelssohn Bartholdy bildet den Soundtrack.
Eindrücklich gelingt es Gathof, Geschichte mit Gegenwart in Beziehung zu setzen. So lässt sie den Münchner Gemeinderabbiner Yehuda Aharon Horovitz zu Wort kommen, dessen Vorfahr Moshe Tuvia Sondheimer, ein Hanauer Rabbiner, auf einem Oppenheim-Gemälde zu sehen ist. Patricia Lewin, die in Paris lebende Urururenkelin Oppenheims, berichtet, wie in ihrer Familie respektvoll von »dem Maler« gesprochen wurde.
Mit ihrem Mann kam sie zur Einweihung des Oppenheim-Denkmals 2013 nach Hanau. Im Laufe ihrer Recherche konnte Gathof weitere Nachfahren des Künstlers aus aller Welt kennenlernen.
Entwicklung Mit ihrem Film möchte die Regisseurin auch, aber nicht nur, einen lange vergessenen Maler wieder ins Bewusstsein rufen. Sie findet es auch wichtig, »dass mehr jüdische Erfolgsgeschichten erzählt werden«. Sie möchte nicht, »dass die dunkelsten Kapitel der deutsch-jüdischen Geschichte die Erfolgsgeschichten gänzlich überschatten«.
In Oppenheims Entwicklung vom Ghetto zum Maler der Rothschilds sieht Gathof eine Besonderheit: »Er ist seiner jüdischen Identität treu geblieben.« Oppenheim ist nicht, wie etwa Heine und Börne, zum Christentum konvertiert. Auf dem Weg zum Erfolg die eigene Identität nicht preisgeben: Isabel Gathof hofft, dass Oppenheims Geschichte auch heute noch ein Vorbild sein kann.
Ab 25. Oktober im Kino