Medien

Lügenfeuerwehr

Elmar Theveßen Foto: imago

Immer, wenn das ZDF über Terrorismus berichtet, ist Elmar Theveßen gefragt, der stellvertretende Chefredakteur und Leiter der Hauptredaktion Aktuelles. In seinem Vortrag an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg (HfJS) in der vergangenen Woche ging es um das nicht weniger spannende Thema »Fake News«.

Journalisten haben es heute weltweit oft nicht leicht, beispielsweise in Ungarn, Polen, der Türkei, Russland und China. Im schlimmsten Fall wird physische Gewalt angewandt, werden Journalisten eingesperrt oder Zeitungsverlage geschlossen.

Doch auch im Westen geraten Medien unter Druck. Wenn etwa Donald Trump die Presse attackiert, werde den Medien im Grunde ihre Legitimität abgesprochen, meint Theveßen. Und Österreichs FPÖ-Chef und Vizekanzler Strache schrieb auf Facebook: »Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden. Das ist der ORF.«

Falschheiten Geschichtlich betrachtet, gab es Presseschelte allerdings schon immer. Theveßen zitierte Thomas Jefferson, dritter US-Präsident und Verfasser der Unabhängigkeitserklärung: »Wer niemals in eine Zeitung hineinsieht, ist besser unterrichtet als der, welcher sie liest. Insofern steht jemand, der nichts weiß, der Wahrheit näher als der, dessen Kopf mit Falschheiten und Irrtümern angefüllt ist.«

Damals gab es aber noch kein Internet. Theveßen glaubt, dass im letzten US-Wahlkampf durch gefälschte Accounts in den sozialen Medien die öffentliche Meinung massiv manipuliert wurde. Er geht auch davon aus, dass der Kreml während des letzten Bundestagswahlkampfs gefälschte Accounts benutzte, um die AfD zu unterstützen. Die Falschmeldung, dass ein russlanddeutsches Mädchen in der Nähe von Berlin vergewaltigt wurde, habe Russlands Außenminister persönlich verbreitet.

Auch mit Bildern könne manipuliert werden, so der ZDF-Journalist. Während des Irakkriegs habe etwa die »Mudschaheddin-Kompanie« das Foto eines gefangenen US-Soldaten ins Netz gestellt. Innerhalb von 72 Stunden werde die Geisel getötet, sollten nicht irakische Gefangene freigelassen werden. Die abgebildete Person war in Wirklichkeit eine Puppe. Es gab zum angegebenen Zeitpunkt keinen vermissten amerikanischen Soldaten.

Substanz Wie geht man im ZDF mit der oft unsicheren Nachrichtenlage um? Leitsatz sei, so Theveßen: Jede Meldung werde überprüft, entweder durch eine eigene Quelle oder eine zweite externe. Sonst gebe es keine Berichterstattung über das Ereignis. Im Wahlkampf 2017 habe das ZDF etwa eine kleine »Lügenfeuerwehr« mit zehn Redakteuren eingesetzt. Ein Archivspezialist überprüfe Fotos dahingehend, ob sie früher schon erschienen sind. Andere Mitarbeiter beherrschten Russisch und Arabisch. Die Zusammenarbeit mit Agenturen sei sehr intensiv.

Die Medien selbst und deren Nutzer sollten mehr auf die Substanz schauen und nicht so sehr auf das Drumherum, wie etwa in der Berichterstattung über Seehofers Masterplan, fordert Theveßen. Außerdem sei Bildung wichtig.

In der Schule müssten die Schüler viel mehr mit digitalen Medien arbeiten und den richtigen Umgang damit lernen, damit sie nicht auf falsche Informationen hereinfallen. Lehrer müssten dahingehend ausgebildet werden. Das ZDF gehe mit gutem Beispiel voran, besuche Schulklassen, entwickele Unterrichtsmaterialien und halte Workshops für Lehrer ab.

Magdeburg

Telemann-Preis 2026 für Kölner Dirigenten Willens

Mit der Auszeichnung würdigt die Landeshauptstadt den eindrucksvollen Umgang des jüdischen Dirigenten mit dem künstlerischen Werk Telemanns

 19.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Kino

Unter erschwerten Bedingungen

Das »Seret«-Festival zeigt aktuelle israelische Filmkunst in Deutschland – zum ersten Mal nur in Berlin

von Chris Schinke  19.11.2025

Bonn

Bonner Museum gibt Gemälde an Erben jüdischer Besitzer zurück

Das Bild »Bäuerliches Frühstück« aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird restituiert

 19.11.2025

Perspektive

Humor hilft

Über alles lachen – obwohl die Realität kein Witz ist? Unsere Autorin, die israelische Psychoanalytikerin Efrat Havron, meint: In einem Land wie Israel ist Ironie sogar überlebenswichtig

von Efrat Havron  19.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Süchtig nach Ruhamas Essen oder Zaubern müsste man können

von Nicole Dreyfus  19.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  18.11.2025

Jubiläum

Eine faszinierende Erzählerin

Anna Seghersʼ Romane machten sie weltberühmt. In ihrer westdeutschen Heimat galt die Schriftstellerin aus Mainz jedoch lange Zeit fast als Unperson, denn nach 1945 hatte sie sich bewusst für den Osten entschieden

von Karsten Packeiser  18.11.2025