»Lotte Laserstein – diesen Namen wird man sich merken müssen.« Als diese Zeilen 1929 in einer Berliner Tageszeitung zu lesen waren, war die damals 31-jährige Malerin auf dem Weg zu einer vielversprechenden Karriere.
Im Rückgriff auf akademische Maltechniken und Bildtraditionen schuf sie in den 1920er-Jahren Porträts und Akte, die wie die Demonstration weiblichen Selbstbewusstseins wirken und die »Neue Frau« stil- und würdevoll in Szene setzen. 1930 malte Laserstein das Gruppenbild »Abend über Potsdam«, das als ihr Meisterwerk gilt – und als Schlüsselbild der ausgehenden Weimarer Republik. Zeitlebens gehörte das Gemälde der Künstlerin und ist heute in der Neuen Nationalgalerie in Berlin zu sehen.
exil Die 1933 an die Macht gekommenen Nationalsozialisten isolierten die getaufte Protestantin Laserstein, wie viele andere jüdische oder als jüdisch gelesene Künstler, systematisch aus dem Ausstellungsbetrieb. Lotte Laserstein konnte 1937 nach Schweden fliehen, wo sie trotz aller Widrigkeiten des Exils weiterhin malte und schließlich 1993 starb.
Ihr Werk geriet in Deutschland jahrzehntelang in Vergessenheit und wurde erst in den vergangenen 20 Jahren wiederentdeckt: Zuletzt zeigten das Frankfurter Städel Museum und die Berlinische Galerie große Laserstein-Retrospektiven, außerdem sind mehrere ausführliche Publikationen erschienen.
Im Rückgriff auf akademische Maltechniken und Bildtraditionen schuf sie in den 1920er-Jahren Porträts und Akte, die wie die Demonstration weiblichen Selbstbewusstseins wirken.
Jetzt würdigt der Verlag Hentrich & Hentrich Lotte Laserstein in seiner Biografie-Reihe »Jüdische Miniaturen«. Der von Elke-Vera Kotowski, Chefkuratorin der Moses Mendelssohn Stiftung Berlin und Dozentin an der Uni Potsdam, verfasste 58-seitige Band bietet eine kompakte Einführung in Leben und Werk der Künstlerin.
wiederentdeckung Das in acht Kapitel gegliederte Büchlein widmet sich eingehend Lasersteins Jahren in Deutschland. Das schwedische Exil und ihre späte Wiederentdeckung, an der die Kunsthistorikerin Anna-Carola Krausse einen entscheidenden Anteil hatte, finden etwas weniger Beachtung.
Dass Lasersteins wesentliche Werke aus den 1920er- und 30er-Jahren als Farbabbildungen zu sehen sind, macht den Band zu einer Kunstmonografie im Taschenformat. Ärgerlich sind hingegen die beim Lesen hin und wieder auffallenden zeit- und kunsthistorischen Ungenauigkeiten. Letztlich aber trägt auch dieses Büchlein dazu bei, dass der Name Lotte Laserstein nicht wieder in Vergessenheit gerät.
Emil Kermann
Elke-Vera Kotowski: »Lotte Laserstein. Die Porträtistin der Neuen Sachlichkeit«. Hentrich & Hentrich, Berlin/Leipzig 2022, 58 S., 8,90 €