Kunst

Lost in Teheran

Am 17. Oktober 2015 wurde die Absichtserklärung zwischen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Tehran Museum of Contemporary Art für eine Ausstellung unterzeichnet. Foto: dpa

Die ebenso mit Spannung erwartete wie umstrittene Teheran-Ausstellung in Berlin aus der Sammlung des Museums für Zeitgenössische Kunst in Teheran ist offiziell abgesagt worden. Das bestätigte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. Weil der Iran die Ausfuhrgenehmigung für die rund 60 Kunstwerke trotz wiederholter Zusagen bis heute nicht unterzeichnet hat, kündigte die Stiftung den Kooperationsvertrag mit dem iranischen Museum.

Die Schau der aus dem Besitz des Schahs stammenden Gemälde war im Oktober 2015 in Teheran am Rande des Atomabkommens beschlossen worden. Die Sammlung enthält zahlreiche Schlüsselwerke der amerikanischen und europäischen Moderne, ihr Wert wird auf über drei Milliarden Dollar geschätzt. Seit der islamistischen Revolution 1979 halten die Mullahs die Sammlung jedoch im Keller des Teheraner Museums für Zeitgenössische Kunst unter Verschluss.

kontrovers Der Kooperationsvertrag mit dem Iran war von Anfang an kontrovers. Ihm gingen viele kulturpolitische Diskussionen voraus. Befürworter der Schau bewerteten die Ausstellung als Signal der Öffnung. Bei der Unterzeichnung der Verträge im Oktober 2015 in Teheran lobte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) das Projekt als Einladung zum Dialog mit der iranischen Gesellschaft. Nicht wenige Kritiker indes warfen der Regierung in Teheran vor, die Kunst als Feigenblatt zu instrumentalisieren, um von ihren Verstößen gegen die Menschenrechte abzulenken.

Gehörig ins Stocken geriet das Projekt zum ersten Mal im Juni 2016. Denn statt die Öffnung des Landes voranzutreiben, veranstalteten die Mullahs einen Schoa-Karikaturenwettbewerb. Die Preise für die »besten« Werke verlieh Vertragspartner Majid Mollanoroozi, Direktor des Teheraner Museums.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) zog daraufhin die Reißleine und überwies die für die Organisation der Schau bereits erhaltenen Gelder in Höhe von 2,8 Millionen Euro an das Auswärtige Amt zurück. Mollanoroozi wurde als Ansprechpartner durch einen unverdächtigen Museumsvertreter ausgetauscht. Entsprechende Kritik daran, dass der Wettbewerb von der iranischen Regierung mitveranstaltet wurde, wurden von deutscher Seite mit Verweis auf bestehende Verträge beantwortet.

Verschoben Doch auch danach verlief die deutsch-iranische Kooperation alles andere als erfolgreich. Mitte Oktober war der als liberal geltende iranische Kulturminister Ali Dschannti zurückgetreten. Sein Nachfolger Reza Salehi Amiri musste das Projekt noch freigeben. Dieser aber gilt weder als Freund des Westens noch als ein Befürworter des Kulturaustauschs – und spielte auf Zeit. Ursprünglich sollte die Ausstellung am 4. Dezember in der Berliner Gemäldegalerie eröffnet werden. Da jedoch die Genehmigung für die Leihgabe ausblieb, wurde die Schau auf Ende Dezember verschoben.

Anfang Dezember erklärte der Präsident der zuständigen Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, dass Reza Salehi Amiri der Ausfuhr der 60 Werke zugestimmt habe. Die abschließende Genehmigung liege beim iranischen Staatspräsidenten Hassan Rohani zur Unterschrift. Man sei zuversichtlich, dass die entsprechenden Papiere rasch unterzeichnet würden. Doch auch dieses Mal blieb die Genehmigung aus.

Bis Mitte vergangener Woche hielt sich der Leiter der Abteilung Kultur und Kommunikation im Auswärtigen Amt, Andreas Görgen, in Iran auf, um auf die Erfüllung der Verträge hinzuwirken. Vergeblich, wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz jetzt mitteilte. Trotz der Absage will die Stiftung sich aber »weiterhin zum kulturellen Austausch bekennen, auch mit dem Iran, und wird diesen Dialog mit geeigneten Maßnahmen auch weiter befördern«.

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Aufgegabelt

Mazze-Sandwich-Eis

Rezepte und Leckeres

 18.04.2025

Pro & Contra

Ist ein Handyverbot der richtige Weg?

Tel Aviv verbannt Smartphones aus den Grundschulen. Eine gute Entscheidung? Zwei Meinungen zur Debatte

von Sabine Brandes, Sima Purits  18.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  18.04.2025

Kulturkolumne

Als Maulwurf gegen die Rechthaberitis

Von meinen Pessach-Oster-Vorsätzen

von Maria Ossowski  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Ausstellung

Das pralle prosaische Leben

Wie Moishe Shagal aus Ljosna bei Witebsk zur Weltmarke Marc Chagall wurde. In Düsseldorf ist das grandiose Frühwerk des Jahrhundertkünstlers zu sehen

von Eugen El  17.04.2025

Sachsenhausen

Gedenken an NS-Zeit: Nachfahren als »Brücke zur Vergangenheit«

Zum Gedenken an die Befreiung des Lagers Sachsenhausen werden noch sechs Überlebende erwartet. Was das für die Erinnerungsarbeit der Zukunft bedeutet

 17.04.2025

Bericht zur Pressefreiheit

Jüdischer Journalisten-Verband kritisiert Reporter ohne Grenzen

Die Reporter ohne Grenzen hatten einen verengten Meinungskorridor bei der Nahost-Berichterstattung in Deutschland beklagt. Daran gibt es nun scharfe Kritik

 17.04.2025