Liebe und Anarchie waren die Leitlinien Erich Mühsams, der 1878 in Berlin geboren und am 10. Juli 1934 im KZ Sachsenhausen ermordet wurde. »Liebe und Anarchie« heißt auch die dreistündige »Lange Nacht« über den Schriftsteller, die am Samstag, den 6. April von Deutschlandradio Kultur um 0.05 Uhr und vom Deutschlandfunk um 23.05 Uhr ausgestrahlt wird.
bohème Erich Mühsam saß zwischen allen Stühlen – fast sein ganzes Leben lang. Als 17-Jähriger wurde er wegen »sozialdemokratischer Umtriebe« der Schule verwiesen. Nach dem Ersten Weltkrieg beteiligte er sich an der Münchener Räterepublik, redete vor Zehntausenden von Arbeitern und Soldaten. Im Gegensatz zu vielen anderen Führern des Aufstands überlebte er die Niederschlagung der Räterepublik, wurde aber zu 15 Jahren Haft verurteilt, von denen er fünf absaß, bevor er 1924 amnestiert wurde. Mühsam war bekennender Anarchist.
Doch Gewalt war dem herzlichen, großzügigen und gütigen Menschen, als den ihn Zeitgenossen beschrieben, zuwider. Der Autor, der bereits mit 15 Jahren seine ersten satirischen Texte veröffentlicht hatte, war befreundet mit Heinrich Mann, Frank Wedekind, Lion Feuchtwanger und Oskar Maria Graf. Doch vielen seiner literarischen Kollegen war Mühsam zu politisch. Den ernsthaften Anarchisten wiederum war er zu sehr Bohème: Er dichtete zu unpolitisch, trank zu viel und vergnügte sich zu sehr – nicht nur, so der Vorwurf, mit Frauen.
Weil er mit den Kommunisten kooperierte, um den Aufstieg des Nationalsozialismus zu verhindern, wurde Erich Mühsam von vielen seiner anarchistischen Genossen geächtet. Weil er an der Staatskritik und am Individualismus der Anarchisten festhielt, wurde er von den Kommunisten als »Kleinbürger« kritisiert, auch noch nach seiner Ermordung im KZ. ja
»Liebe und Anarchie. Eine Lange Nacht über Erich Mühsam«, Samstag 6. April, 0.05 Uhr (Deutschlandradio Kultur), 23.05 Uhr (Deutschlandfunk)