Literatur

Liebe, Obsession und der Holocaust: Yael van der Woudens Debütroman erscheint auf Deutsch

Yael van der Wouden beim Booker Prize 2024 Foto: picture alliance / Anadolu

Es ist das Jahr 1961. Isabel den Brave lebt in der niederländischen Provinz Overijssel allein in einem großen Haus. Ihre Mutter ist tot, die Brüder sind schon lange ausgezogen. Sie liebt ihr Haus über alles und auch das, was sie an Schätzen darin verwahrt. Wenn Besuch kommt, freut sie sich eigentlich darauf, wenn er wieder geht. Dann bringt ihr Bruder seine Freundin Eva bei ihr unter.

Isabel hasst Eva geradezu, die sie als Eindringling betrachtet. Ihr trauen? Auf gar keinen Fall. Jeden Tag geht Isabel das Inventar in dem Haus durch, weil sie erwartet, dass Eva sie beklaut. Tatsächlich verschwinden auch immer wieder Gegenstände. Aber warum?

Zugleich entwickelt sich zwischen den beiden so unterschiedlichen Frauen eine queere Liebesgeschichte, die zu einem großen Knall führt. Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden, nur so viel: Es geht auch darum, wie sich die Niederländer während des Krieges und in der Nachkriegszeit gegenüber jüdischen Holocaust-Opfern verhalten haben.

Wem gehörte das Haus, bevor Isabel dort mit ihrer Mutter und den beiden Brüdern im letzten Kriegsjahr einzog? Warum kam nach dem Krieg eine Frau mit ihrer Tochter und wollte unbedingt in das Haus? Als Isabel verstört ihre Mutter fragt, was es damit auf sich hatte, wischt ihre Mutter den Vorfall ohne weitere Erklärung weg.

Booker-Jury: Ein bemerkenswertes Debüt

Die 1987 in Israel geborene van der Wouden lebt seit langem in den Niederlanden. An der Universität in Utrecht lehrt sie Kreatives Schreiben und Vergleichende Literaturwissenschaften. Zwei Themen, die sie gleichermaßen beschäftigen: Jüdischsein und queere Identität.

Van der Woudens »In ihrem Haus« wurde im vergangenen Jahr in englischer Sprache mit dem Titel »The Safekeep« veröffentlicht. Damit qualifizierte sich das Buch für den international hoch angesehenen Booker-Literaturpreis und schaffte es direkt in die Endauswahl - als erster Roman aus den Niederlanden überhaupt.

»Ein bemerkenswertes Debüt über Besessenheit und Verlust, das in einem abgelegenen niederländischen Haus spielt. Die Autorin zieht uns in eine Welt, die so sorgfältig kalibriert ist wie ein holländisches Stillleben«, begründete die Jury, warum sie das Buch in die Endauswahl aufnahm. Van der Wouden hat zwar nicht den Booker Prize gewonnen, aber ihr Buch wurde bislang sehr positiv besprochen.

Die Inspiration für das Buch

Was sie inspiriert habe für ihr Buch, wurde sie im August vergangenen Jahres für ein Interview auf der Seite des Booker-Preises gefragt. Auf diese Frage gebe es so viele Antworten, sagte van der Wouden und zählte auf: »Eine Kurzgeschichte, die ich einmal geschrieben habe, handelt von drei Geschwistern, die zum Abendessen ausgehen, und der zusätzlichen Freundin, die jeder hasst; eine Faszination dafür, wie die Niederländer nationale Geschichten erzählen; meine Besessenheit von Häusern und der Fantasie, ein Haus zu besitzen; der Wunsch, das Begehren als Kehrseite der Abscheu zu erkunden.«

Tatsächlich aber habe es sich folgendermaßen zugetragen: »Ich saß im Auto auf dem Rückweg von einer Beerdigung und blickte über flache holländische Felder, und irgendwo zwischen Trauer und dem Bedürfnis, zu fliehen, blühte die Idee von einem Haus, einer Frau und einer Fremden auf«, sagte sie im Interview für die Website des Booker-Preises.

Hollywood

Jüdische Oscar-Hoffnungen

Von Timothée Chalamet bis Mikey Madison: Wer diesmal für die Academy Awards nominiert ist

von Sophie Albers Ben Chamo  30.01.2025

Zahl der Woche

74 Prozent

Fun Facts und Wissenswertes

 29.01.2025

Ehrung

Historiker Dan Diner erhält Ludwig-Börne-Preis

Diner sei ganz im Sinne Börnes ein »Zeitschriftsteller«, so Daniel Cohn-Bendit

 29.01.2025

New York

Warum Amy Schumer ihr Kind nicht mehr zum Narren halten kann

Die amerikanische Komikerin hat einen fünfjährigen Sohn, der inzwischen lesen kann. Aber das findet die 43-jährige Mutter gar nicht so gut

 29.01.2025

Kino

Monumental verstörend

In seinem Epos »Der Brutalist« zerlegt Regisseur Brady Corbet den amerikanischen Traum

von Jens Balkenborg  29.01.2025

TV-Tipp

Paul Newman im Arte-Themenabend

Spielerdrama »Die Farbe des Geldes« und Doku über den US-Filmstar

 28.01.2025

Kassel

documenta ernennt Wissenschaftlichen Beirat

Die Einrichtung ist eine Konsequenz aus dem Antisemitismusskandal rund um die »documenta fifteen«

 28.01.2025

Hollywood

Der Unbeugsame: Zum 100. Geburtstag von Paul Newman

Rebellische Außenseiterrollen, strahlend blaue Augen, soziales Engagement, jüdischer Familienhintergrund: Der Darsteller war ein Idol seiner Zeit und hat in mehr als 80 Filmen mitgespielt

von Rudolf Worschech  28.01.2025

Tel Aviv

Quentin Tarantino will erstmal »Abba« sein, statt zu arbeiten

Der Meister-Regisseur hat noch einen letzten Film offen. Auf den müssen Fans aber noch eine Weile warten

 28.01.2025