Es ist das Jahr 1961. Isabel den Brave lebt in der niederländischen Provinz Overijssel allein in einem großen Haus. Ihre Mutter ist tot, die Brüder sind schon lange ausgezogen. Sie liebt ihr Haus über alles und auch das, was sie an Schätzen darin verwahrt. Wenn Besuch kommt, freut sie sich eigentlich darauf, wenn er wieder geht. Dann bringt ihr Bruder seine Freundin Eva bei ihr unter.
Isabel hasst Eva geradezu, die sie als Eindringling betrachtet. Ihr trauen? Auf gar keinen Fall. Jeden Tag geht Isabel das Inventar in dem Haus durch, weil sie erwartet, dass Eva sie beklaut. Tatsächlich verschwinden auch immer wieder Gegenstände. Aber warum?
Zugleich entwickelt sich zwischen den beiden so unterschiedlichen Frauen eine queere Liebesgeschichte, die zu einem großen Knall führt. Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden, nur so viel: Es geht auch darum, wie sich die Niederländer während des Krieges und in der Nachkriegszeit gegenüber jüdischen Holocaust-Opfern verhalten haben.
Wem gehörte das Haus, bevor Isabel dort mit ihrer Mutter und den beiden Brüdern im letzten Kriegsjahr einzog? Warum kam nach dem Krieg eine Frau mit ihrer Tochter und wollte unbedingt in das Haus? Als Isabel verstört ihre Mutter fragt, was es damit auf sich hatte, wischt ihre Mutter den Vorfall ohne weitere Erklärung weg.
Booker-Jury: Ein bemerkenswertes Debüt
Die 1987 in Israel geborene van der Wouden lebt seit langem in den Niederlanden. An der Universität in Utrecht lehrt sie Kreatives Schreiben und Vergleichende Literaturwissenschaften. Zwei Themen, die sie gleichermaßen beschäftigen: Jüdischsein und queere Identität.
Van der Woudens »In ihrem Haus« wurde im vergangenen Jahr in englischer Sprache mit dem Titel »The Safekeep« veröffentlicht. Damit qualifizierte sich das Buch für den international hoch angesehenen Booker-Literaturpreis und schaffte es direkt in die Endauswahl - als erster Roman aus den Niederlanden überhaupt.
»Ein bemerkenswertes Debüt über Besessenheit und Verlust, das in einem abgelegenen niederländischen Haus spielt. Die Autorin zieht uns in eine Welt, die so sorgfältig kalibriert ist wie ein holländisches Stillleben«, begründete die Jury, warum sie das Buch in die Endauswahl aufnahm. Van der Wouden hat zwar nicht den Booker Prize gewonnen, aber ihr Buch wurde bislang sehr positiv besprochen.
Die Inspiration für das Buch
Was sie inspiriert habe für ihr Buch, wurde sie im August vergangenen Jahres für ein Interview auf der Seite des Booker-Preises gefragt. Auf diese Frage gebe es so viele Antworten, sagte van der Wouden und zählte auf: »Eine Kurzgeschichte, die ich einmal geschrieben habe, handelt von drei Geschwistern, die zum Abendessen ausgehen, und der zusätzlichen Freundin, die jeder hasst; eine Faszination dafür, wie die Niederländer nationale Geschichten erzählen; meine Besessenheit von Häusern und der Fantasie, ein Haus zu besitzen; der Wunsch, das Begehren als Kehrseite der Abscheu zu erkunden.«
Tatsächlich aber habe es sich folgendermaßen zugetragen: »Ich saß im Auto auf dem Rückweg von einer Beerdigung und blickte über flache holländische Felder, und irgendwo zwischen Trauer und dem Bedürfnis, zu fliehen, blühte die Idee von einem Haus, einer Frau und einer Fremden auf«, sagte sie im Interview für die Website des Booker-Preises.