Geburtstag

Liebe ist ...

Ruth Westheimer Foto: imago

Geburtstag

Liebe ist ...

Von der Haganah-Scharfschützin zu Amerikas bekanntester Sexualtherapeutin: Ruth Westheimer ist 85

von Michael Wuliger  04.06.2013 09:35 Uhr

Ihr Credo in Sachen Sex hat Ruth Westheimer einmal bei einer öffentlichen Veranstaltung mit Studenten auf den Punkt gebracht. Ein junger Mann wollte wissen, was das beste Mittel sei, Frauen scharf zu machen. »Liebe«, lautete kurz und knapp die Antwort – mit unüberhörbarem deutschen Akzent.

Karola Ruth Siegel wurde vor 85 Jahren, am 4. Juni 1928, im südhessischen Wiesenfeld geboren. Die Eltern schickten ihre Tochter mit einem Kindertransport 1939 in die Schweiz. 1941 bekam die damals 13-Jährige den letzten Brief von ihnen. Später erfuhr sie, dass Vater und Mutter ermordet worden waren, wahrscheinlich in Auschwitz.

krieg Das war 1945. Im selben Jahr wanderte die junge Ruth nach Eretz Israel aus, wo sie zum ersten Mal Sex hatte – »auf einem Heuhaufen in einer sternenklaren Nacht« – und als Scharfschützin im Unabhängigkeitskrieg 1948 kämpfte, wobei sie schwer verwundet wurde. Nach ihrer Genesung studierte sie Psychologie in Paris, Soziologie an der Columbia University New York und arbeitete als Verhaltenstherapeutin.

Zur Kultfigur »Dr. Ruth« und Amerikas bekanntester Sexualtherapeutin wurde Ruth Westheimer, wie sie nach ihrer Heirat inzwischen hieß, 1980. Ein lokaler Radiosender in New York engagierte sie für eine abendliche Ratgebersendung. Als die Quoten zeigten, dass die Sendung trotz ungünstiger Sendezeit mehr Zuhörer hatte als die Primetime-Programme, war Ruth Westheimer bald vormittags zu hören, erst in New York, dann im ganzen Land. Es folgten eine eigene TV-Sendung und zahlreiche Buch-Bestseller.

Wie sehr Dr. Ruth zur kulturellen Ikone geworden ist, lässt sich auch daran ablesen, dass sie zu den meist parodierten Figuren in Comedy-Sendungen zählt. Auch in Hollywood hat sie Spuren hinterlassen. In Frankie und Johnny unterhalten sich Michelle Pfeiffer und Al Pacino über sie. In One Woman or Two tritt sie in einer kleinen Rolle neben Gérard Depardieu und Sigourney Weaver auf.

unbefangen Nicht nur in den USA ist Dr. Ruth ein Begriff. Im israelischen TV moderierte sie, selbstverständlich in fließendem Iwrit, ihre eigene Ratgebersendung. In Deutschland war sie mehrmals bei Reinhold Beckmann in der ARD zu Gast und schrieb in dieser Zeitung mehrere Jahre eine Kolumne.

Das Erfolgsgeheimnis der nur 1,40 Meter großen mehrfachen Großmutter ist, dass sie ihr Lebensthema stets unbefangen, aber ohne auch nur einen Hauch von Schlüpfrigkeit erörtert. Selbst über Praktiken wie Analverkehr und Sadomasochismus spricht sie, als ginge es um ein Rezept für Apfelstrudel. Allerdings immer moralisch fundiert.

Ruth Westheimer ist keine Propagandistin der Libertinage. In bester jüdisch-ethischer Tradition betont sie – bei aller Offenheit für sämtliche noch so ausgefallenen Aspekte der Erotik –, dass es wirklich guten Sex allein in einer funktionierenden Zweierbeziehung geben kann; die libidinöse Lust braucht einen psychischen Stabilitätsrahmen, um ihr volles Potenzial zu entfalten. Von dieser 85-Jährigen können auch Jüngere eine ganze Menge über guten Sex lernen. Masel Tow, Dr. Ruth, und bis 120!

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Fernsehen

Mord auf dem Inka-Pfad

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte: 1997 stirbt eine Forscherin bei einem Urlaub in Peru. Ist ihr israelischer Mann der Mörder gewesen? Die ARD packt das Geschehen in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«- Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  25.04.2025

100 Jahre "Der Prozess"

Was Kafkas »Der Prozess« mit KI und Behörden-Wirrwarr gemeinsam hat

Seine Liebesworte gehen auf TikTok viral. Unheimlich-groteske Szenen beschrieb er wie kein Zweiter. In Zeiten von KI und überbordender Bürokratie wirkt Franz Kafkas Werk aktueller denn je - eben kafkaesk

von Paula Konersmann  25.04.2025

Reykjavik

Island fordert Ausschluss Israels vom ESC

Das Land schließt sich damit der Forderung Sloweniens und Spaniens an. Ein tatsächlicher Ausschluss Israels gilt jedoch als unwahrscheinlich

 25.04.2025