Lesen!

Libelle trifft Regenwurm

Foto: PR

Die erste Begegnung von Lilly und Willy könnte kaum schlechter laufen. Schnappt sich doch dieser komische Kahlkopf einfach das schöne rote Blatt, auf dem sich Libelle Lilly gerade niedergelassen hat. Regenwurm Willy-Wilma hingegen ist mächtig irritiert von dem seltsamen Wesen, das durch die Luft sirrt, und glaubt, ihm gehörten alle Blätter.

Doch schnell siegt die Neugier der beiden aufeinander. Wie sieht es eigentlich über der Erde aus, dort, wo die Sonne so blendend hell scheint? Und wie unter der Erde im Reich der Erdhummeln und Regenwürmer?

natur Auf diese Fragen geben Eva Lezzi und Anna Adam in ihrem nunmehr fünften gemeinsamen Bilderbuch für Kinder anschaulich und originell Antwort. Nachdem die Schöpferinnen der Beni-Serie um einen Berliner jüdischen Jungen sich schon in Beni und Oma in den Gärten der Welt dem Thema Natur genähert haben, tauchen sie in Lilly und Willy nun vollständig in die Welt der Tiere und Pflanzen ein.

Und das macht richtig Spaß. Da sieht man großäugige Libellen aus glänzenden Schmuckperlen durch die Luft fliegen und Raupen aus Korkenscheiben über die Wiese krabbeln. Anna Adams dreidimensionale Collagen sind einfallsreich und verspielt, und beim aufmerksamen Betrachten lassen sich oft skurrile Details entdecken.

Diese Entdeckungsreise in die Natur ist ein gut gelauntes Plädoyer für die Bereitschaft, das eigene Territorium zu verlassen.

Die humorvolle Verbindung von genauer Naturbeobachtung mit kreativer Verfremdung findet sich auch im Text wieder. Hier können nicht nur Tiere miteinander sprechen, sondern auch der Apfelbaumtrieb, der in Willys Höhle wurzelt und ihn im Laufe der Handlung bis an die Oberfläche begleitet, meldet sich mit zarter Stimme zu Wort. Gleichzeitig vermittelt das Buch beiläufig, doch fundiert Wissen über die Abläufe rund um Wiese und Teich.

ZWEIGESCHLECHTLICHKEIT Hierbei werden auch aktuelle Themen gestreift, etwa wenn Willy-Wilma – wie alle Regenwürmer zweigeschlechtlich – sich durch die Begegnung mit Lilly dann doch stärker als Willy fühlt.

Am Ende lernt nicht nur die übermütige Lilly, ein bisschen mehr auf die Gefühle anderer Rücksicht zu nehmen, auch der zurückhaltende Willy beweist richtig viel Mut. Doch vor allen Dingen ist diese Entdeckungsreise in die Natur ein gut gelauntes Plädoyer für die Bereitschaft, das eigene Territorium zu verlassen – und so vielleicht sogar neue Freunde zu finden.

Anna Adam, Eva Lezzi: »Lilly und Willy«. Hentrich & Hentrich, Berlin/Leipzig 2022, 32 S., 12,90 €

TV-Legende

Rosenthal-Spielfilm: Vom versteckten Juden zum Publikumsliebling

»Zwei Leben in Deutschland«, so der Titel seiner Autobiografie, hat Hans Rosenthal gelebt: Als von den Nazis verfolgter Jude und später als erfolgreicher Showmaster. Ein Spielfilm spürt diesem Zwiespalt nun gekonnt nach

von Katharina Zeckau  28.03.2025

Patrick Modiano

Tanz durch die Erinnerung

Patrick Modianos Hommage an eine namenlose Tänzerin widmet sich den kleinen Dramen des Alltags, die es zu meistern gilt

von Ellen Presser  28.03.2025

Taffy Brodesser-Akner

Vom Dibbuk im Getriebe

Gleich drei Generationen sind in dem neuen Roman der amerikanischen Journalistin und Autorin ziemlich dysfunktional

von Sharon Adler  28.03.2025

Roberto Saviano

Intrigen und Verrat

Der italienisch-jüdische Autor schreibt sprachgewaltig in zwölf Erzählungen über die Frauen in der Mafia

von Knut Elstermann  28.03.2025

Thomas Mann

König der Emigranten

Martin Mittelmeier beleuchtet Leben und politisches Wirken des Nobelpreisträgers im kalifornischen Exil

von Tobias Kühn  28.03.2025

Assaf Gavron

Weltregierung und Einsamkeit

Erfrischend, erstaunlich, spannend: Zwei neue Erzählungen des israelischen Autors

von Maria Ossowski  28.03.2025

Geschichte

Mehr als die Bielski-Brüder

Der NS-Historiker Stephan Lehnstaedt hat ein erhellendes Buch über den jüdischen Widerstand veröffentlicht

von Alexander Kluy  28.03.2025

Friedl Benedikt

Die Schülerin

Im Nachlass von Elias Canetti wurde die vergessene literarische Stimme einer beeindruckenden Autorin gefunden

von Sophie Albers Ben Chamo  28.03.2025

Lille

Oliver Masucci lernte für Serie Hebräisch

Der amerikanisch-israelische Mehrteiler »The German« hat auf Europas größtem Festival für TV-Serien viel Anerkennung gefunden. Doch der Schatten des Krieges in Gaza und Israel erreichte auch dieses Historien-Drama

von Wilfried Urbe  28.03.2025