TV-Tipp

Das Leben der Rothschilds

Aus der tiefsten Armut im Ghetto von Frankfurt am Main zu Reichtum, Prunk und Pracht – so verlief der Aufstieg der internationalen Bankiersfamilie Rothschild. Zu deren Schicksal gehören aber auch Verfolgung, Isolation und Enteignung; nicht zuletzt durch die Nazis, die sich 1938 Österreich einverleibten, den in Wien lebenden Zweig der Dynastie auslöschten und deren Vermögen kassierten.

Einen Einblick in die weniger bekannten Hintergründe der legendären jüdischen Familie, die seit Jahrhunderten ein Synonym für Erfolg, Geld und Luxus ist, gewährt die Doku Die Rothschild-Saga von Klaus T. Steindl.

bankgeschäft Dreh- und Angelpunkt des Films mit Spielszenen, historischem Bildmaterial und Expertenaussagen ist eine junge Frau: Miriam Rothschild, in England lebende Biologin am Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Sie versucht, der Geschichte ihrer Familie auf den Grund zu gehen, ihren in Wien lebenden Verwandten Louis Nathaniel Rothschild zu retten und jüdische Kinder auf ihrem Landsitz Ashton Wold in Sicherheit zu bringen. Bis heute ist die von Alina Fritsch (»Freud«) gespielte Miriam (1908–2005) als Wissenschaftlerin berühmt. Rothschild-Frauen weist die Doku auch andere wichtige Rollen zu. Doch im Bankgeschäft wirken, testamentarisch verfügt, immer nur Männer.

»Sie sind eine Familie, die es geschafft hat«, analysiert der Judaist und Kulturwissenschaftler Klaus Davidowicz über die gesellschaftliche Position von Menschen, deren Vorfahren ihr Dasein noch in der engen und überbevölkerten Frankfurter Judengasse zu fristen hatten. Das Blatt wendete sich, als der Waisenknabe Meyer Amschel Rothschild 1756 von einem Verwandten nach Hannover in eine Lehre geschickt wurde. In einem der wenigen Berufe, die jüdischen Menschen erlaubt waren – dem Handel mit antiken Münzen. Als äußerst geschäftstüchtig erwies sich der junge Mann schon bald. So wurde auch der Fürst Wilhelm I. von Hessen-Kassel zu seinem Kunden – und erwies ihm Privilegien.

Rothschild stieg ins Bankgeschäft ein, heiratete 1770 eine Gutle Schnapper und zeugte 19 Kinder, von denen zehn überlebten. Von Frankfurt aus ließ der gestrenge Patriarch seine Söhne Filialen in London, Paris, Neapel und Wien aufbauen. Ein Netzwerk, das immer wieder für Verschwörungstheorien und verschärften Antisemitismus herhalten musste. »Weil sie Juden sind, sind sie verdächtig«, formuliert Davidowicz die Behauptung.

einfluss Das Geschäftsmodell der Rothschilds war die Finanzierung von Staaten, was ihren Einfluss zementierte. Die sodann geadelte Familie investierte aber auch in Branchen wie die Eisenbahn und Stahlwerke. Und man heiratete gern untereinander. Das führte zu einer Erbkrankheit, deren Auswirkungen den Vater von Miriam, Nathaniel Charles, 1923 zum Suizid trieben.

In den Augen mancher waren die Rothschilds Neureiche, sprichwörtlich wurde ihr nicht immer geschmackssicherer, goldbeladener Stil. Doch zur kulturellen Institution geriet etwa der Salon von Betty Rothschild in Paris. Ihr Gast Heinrich Heine (1797–1856) widmete der Wohltäterin und Kunstfreundin ein Gedicht. Und über ihre Familie sagte der jüdische Dichter, eigentlich ein Kritiker des Kapitalismus: »Geld ist der Gott unserer Zeit – und Rothschild sein Prophet.«

Arte sendet die Doku am Donnerstag, den 27. Oktober, um 20.15 Uhr.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025