Superman, Batman, Spider-Man: Sie sind Kultfiguren der Popkultur, ihre Namen sind einem breiten Publikum auch außerhalb der Comic-Szene bekannt. Nur die wenigsten wissen jedoch, dass sie aus den Federn jüdischer Autoren stammen. Eine Ausstellung im Jüdischen Museum in Brüssel widmet sich nun den Helden, ihren Erfindern und drei Generationen jüdischer Comic-Kunst.
Einer der wohl bekanntesten gezeichneten Helden ist Superman. Seine geistigen Väter sind Joe Shuster und Jerry Siegel, beide hatten einen jüdischen Hintergrund. Und ihre ganz eigenen Vorstellungen davon, wie ihre Schöpfung den Zweiten Weltkrieg beenden würde. 1940 stellten die beiden Künstler das in einem Comic-Strip dar: Schnell wie der Blitz dringt Superman in Hitlers Rückzugsort am Obersalzberg ein, setzt seine Wachen außer Gefecht und schnappt sich den Diktator an der Gurgel.
despoten Ganz ähnlich ergeht es Josef Stalin, den der Mann im rot-blauen Heldenanzug unter den Augen seiner Schergen entführt. Über die Alpen fliegt Superman seine lebende Ladung nach Genf in der Schweiz, wo beide Despoten vom Völkerbund verurteilt werden – wegen der größten Verbrechen der modernen Geschichte.
Pionierarbeit leisteten jüdische Künstler jedoch bereits vor der Ära der Superhelden.
Pionierarbeit leisteten jüdische Künstler jedoch bereits vor der Ära der Superhelden: Junge US-Amerikaner, die mit ihren Familien zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor dem in Europa herrschenden Antisemitismus nach New York geflohen waren, traten als Autoren und Comic-Zeichner in Erscheinung. In ihren Werken verarbeiteten sie ihr Ringen mit der Integration in eine amerikanische Gesellschaft, die sie vorrangig als Juden sah.
Die nachfolgende Generation und Schöpfer der frühen Comic-Helden versuchte hingegen, die eigene jüdische Identität zu verbergen. So wie Jacob Kurtzberg, der seit seiner Erfindung von Captain Amerika im Jahr 1940 unter dem Namen Jack Kirby auftrat.
doppelleben Auf ethnische oder religiöse Identitäten der frühen Comic-Helden verzichteten diese Autoren und ließen ihre Schöpfungen stattdessen einsame Doppelleben im Großstadtdschungel führen. Erst in den 60er-Jahren gingen Künstler wie Stan Lee oder Jack Kirby dazu über, einige ihrer Figuren mit einem jüdischen Hintergrund auszustatten. Ein Beispiel: Magneto, Bösewicht aus der Serie X-Men, der im Comic ein Konzentrationslager der Nazis überlebte.
Unter den Autoren der zur Schau gestellten Werke findet sich auch ein preisgekrönter Künstler – Art Spiegelman, der 1992 für seine Comic-Erzählung Maus mit dem Pulitzer-Sonderpreis ausgezeichnet wurde. Darin erzählt er die Geschichte seines Vaters, der den Holocaust überlebte.
Unter den Autoren der zur Schau gestellten Werke findet sich auch ein preisgekrönter Künstler – Art Spiegelman.
Ein Ausschnitt dieses Werkes hängt zurzeit auch an der Wand des Jüdischen Museums in Brüssel. Auf drei Seiten wird der Fluchtversuch des Vaters in Mäusegestalt aus einem polnischen Ghetto erzählt. Gejagt werden er und seine Frau von Katzen, den Nazis. Strich für Strich hat sein Sohn die Begebenheiten in dem Comic-Strip aufgearbeitet und das erlittene Trauma des Vaters für die Nachwelt verewigt.
aufarbeitung Das Medium Comic hat sich auch für andere Künstler als Instrument der Aufarbeitung bewährt. So sinniert Bernice Eisenstein in ihren Arbeiten über ihre Erfahrungen als Kind von Holocaust-Überlebenden, und Miriam Katin erzählt von der Dunkelheit, die der Nationalsozialismus über die Juden brachte. »Die Künstler-Generation nach dem Krieg bekundet ihre jüdische Identität, arbeitet ihre Geschichte auf und wo sie herkommen«, fasst die Direktorin des Jüdischen Museums von Belgien, Pascale Falek-Alhadeff, zusammen.
Wie die Zukunft der Superhelden aussieht? Ungewiss. Wofür die fiktiven Figuren ihre Kräfte mobilisieren, das hat sich im Laufe der Jahrzehnte verändert. Die Charaktere sind zudem diverser, thematisieren unter anderem ethnische und sexuelle Ungleichheiten. So verbirgt sich etwa hinter der Superheldin Ms. Marvel eine jugendliche Muslimin aus Pakistan, und der Mutant Northstar aus den X-Men-Comics heiratet seinen Lebenspartner. Bis April 2020 sind die Werke jüdischer Comic-Künstler noch in Brüssel zu sehen.