Israel

Kritischer Blick auf Wagner

Richard Wagner (Porträtaufnahme um 1880, nachträglich digital koloriert) Foto: dpa

Der israelische Komponist Avner Dorman hat die Musik einer neuen Oper geschrieben, die sich kritisch mit dem Werk des deutschen Komponisten Richard Wagner (1813–1883) befasst. Die Uraufführung von Kundry – benannt nach einer weiblichen Figur aus Wagners Parsifal – sollte am Donnerstagabend in der Tel Aviver Oper stattfinden. Das Libretto stammt von Yael Ronen, Regie führt die Niederländerin Lotte de Beer.

Wagner ist in Israel als Antisemit und Lieblingskomponist des NS-Regimes verpönt. Ein bereits 1938 ausgesprochener Boykott wurde schon mehrfach gebrochen, es gab jedoch in Israel nie ein vollständiges Konzert mit seinen Werken. Eine kleine Gruppe von Musikliebhabern und Dirigenten hat hartnäckig dafür gekämpft, dass Wagners Werke öffentlich gespielt werden dürfen – bisher vergeblich.

verstrickungen Komponist Dorman hat bereits die Musik für die Oper Wahnfried geschrieben, die von den Verstrickungen des Wagner-Clans am Vorabend der Hitler-Herrschaft handelt. Sie wurde 2017 mit großem Erfolg in Karlsruhe uraufgeführt.

Nach Ansicht von Dorman verleiht der Boykott in Israel der Figur Wagners viel zu viel Macht. Die Oper Kundry decke dagegen seine Schwächen auf. »Alle reden immer über seinen Antisemitismus, aber kaum einer über seinen Sexismus«, sagte Dorman vor der Uraufführung in Tel Aviv. In der Oper werde ein Dialog zwischen einer heutigen Opernsängerin und der Wagner-Figur Kundry geschaffen. »Am Ende verschmelzen beide zur Figur einer Göttin.«

Nach Ansicht von Dorman verleiht der Boykott in Israel der Figur Wagners viel zu viel Macht.

Die Aufführung geschieht im Rahmen des innovativen israelischen Kulturfestivals »Regarding Goddesses«, dessen erster Teil bis Samstag dauern soll. Ein zweites musikalisches Werk, »Eine Botschaft von Gaia«, wird während des Festivals auf den Straßen von Tel Aviv uraufgeführt. Damit soll auch ein Publikum erreicht werden, das sonst nicht in Konzerte geht.

Der nächste Teil des Festivals im November 2022 in Tel Aviv soll auch Werke anderer Kunstrichtungen wie Theater, Tanz, Film und plastische Kunst zeigen. Initiatorin Maria Nasimova will das Festival in Zukunft auch nach Europa bringen. dpa

Jahrestag

»Schindlers Liste«: Warum jeder diesen Film gesehen haben sollte

»Newsweek« kürte das Werk zum Film des Jahres 1993

von Konrad Ege  22.01.2025

TV-Tipp

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Drama über einen jüdischen Belgier, der als angeblicher Perser in einem Konzentrationslager einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll

von Michael Ranze  22.01.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Wie der Januar doch noch schön wird

von Katrin Richter  22.01.2025

Meinung

Kennen Sie Abed Hassan?

Medien feiern den Berliner als »deutsche Stimme aus Gaza«, dass er den Terror der Hamas verharmlost, scheint sie nicht zu stören

von Susanne Stephan  22.01.2025

Leon de Winter

»Man fängt an, mit dem Hund zu reden«

Ein Interview mit dem Schriftsteller über seinen neuen Roman, die »Judenjagd« in Amsterdam und die Zukunft jüdischen Lebens in Europa

von Ralf Balke  22.01.2025

Berlin

Timothée Chalamet bei Berlinale erwartet

Auch jüdische Mitglieder der Filmwelt stehen im Mittelpunkt des Festivals

von Sabrina Szameitat  22.01.2025

Meinung

Wenn Freunde peinlich werden

Das Auswärtige Amt hat einem deutsch-israelischen Stand bei der Frankfurter Buchmesse eine Absage erteilt. Ein Armutszeugnis für Außenministerin Baerbock, findet unsere Redakteurin Ayala Goldmann

von Ayala Goldmann  21.01.2025 Aktualisiert

Aufgegabelt

Tzimmes

Rezepte und Leckeres

 21.01.2025

Interview

»Vornamen prägen«

Rabbiner Dovid Gernetz über den beliebtesten Babynamen in Deutschland und seine jüdischen Wurzeln

von Mascha Malburg  21.01.2025