Archäologie

Klinge und Klänge

Der Abwasserkanal unter der Straße, die von der »Stadt Davids« südlich des Jerusalemer Tempelberges hinauf zu den Eingangstoren des im Jahr 70 von den Römern zerstörten jüdischen Tempels führt, birgt historische Sensationen. Bei Ausgrabungen der Antikenbehörde unter der Leitung von Eli Shukrun und Ronni Reich von der Universität Haifa wurde dieser Tage das Schwert eines römischen Legionärs entdeckt, der offenbar an der Niederschlagung des ersten großen jüdischen Aufstands gegen die römischen Besatzer im Jahr 66 beteiligt war.

Ganz ungewöhnlich war der Erhaltungszustand des 60 Zentimeter langen Schwerts, das noch in seiner dekorierten ledernen Scheide steckte (s. Foto). Auch ein Teil des Gürtels, an dem das Schwert mit Ösen hing, wurde in dem Abwasserkanal entdeckt. »Das ist ein seltener Fund, weil Leder normalerweise schnell vergeht und nicht erhalten bleibt«, sagte Reich.

Ebenfalls in dem Kanal wurde eine Kritzelei auf einem Stein gefunden. Abgebildet ist der siebenarmige Leuchter im Tempel. Doch der Künstler, der das Steinchen mit der Kritzelei wohl vor etwa 2.000 Jahren achtlos auf die Straße geworfen hatte, gab den Leuchter mit nur fünf Armen wieder. Für die Archäologen ist dieser Fund von besonderer Bedeutung. Noch nie ist eine Abbildung des biblischen Leuchters, der heute als Vorlage für das Staatswappen Israels dient, so nahe am Tempel in Jerusalem ausgegraben worden, wo das Original stand. Auch wenn nur fünf statt sieben Arme des Leuchters wiedergegeben wurden, deutet Ronni Reich auf die Abbildung des dreieckigen Fußes des Leuchters. Das sei ein wichtiger Hinweis auf die Form des Originals, das von den Römern geplündert und nach Rom verschleppt worden ist. Die Menora und andere Tempelgeräte sind auf dem Titusbogen in Rom abgebildet. Eli Shukrun sagte auf Anfrage, dass der handtellergroße Sandstein etwa zehn Zentimeter hoch und fünf Zentimeter breit sei. Der »Künstler« habe die Menora wohl im Tempel gesehen und tief beeindruckt mit einem Nagel in den weichen Stein geritzt.

Knapp zwei Wochen zuvor stieß Shukrun auf eine weitere archäologische Sensation: ein Glöckchen, wie es möglicherweise am Saum des Rocks eines Hohen Priesters angenäht war. Auf dem Weg zum Tempel dürfte der Träger des Rockes eine Schelle verloren haben.

In der Bibel wird berichtet, dass die Hohen Priester des Tempels an ihren Kleidern kleine goldene Glocken befestigt hatten. Im Zweiten Buch Mose wird das Gewand des ersten Hohen Priesters, Aharon, beschrieben. In Exodus 28,33 heißt es: »Und unten an seinen Saum sollst du Granatäpfel machen von blauem und rotem Purpur und Scharlach um und um und zwischen dieselben goldene Schellen auch um und um.« Die winzige Glocke gibt noch heute Geräusche von sich, sodass nach 2.000 Jahren Klänge rekonstruiert werden konnten, die so manche zeitgenössische Besucher des Tempels auf der gleichen Straße gehört haben könnten.

Während des Aufstandes, der im Jahr 70 mit der Zerstörung des Tempels und großer Teile der Stadt endete, diente jener Abwasserkanal den Juden als Versteck vor den Römern. Vier römische Legionen waren an dem Kampf gegen die Juden in Jerusalem beteiligt. Unter den Legionären waren auch Germanen und Gallier, also Deutsche und Franzosen, wie aus dem Bericht des zeitgenössischen römisch-jüdischen Historikers Josephus Flavius über das feierliche Staatsbegräbnis des Königs Herodes hervorgeht.

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  14.03.2025 Aktualisiert

Ausstellung

Chagalls fantastische Welten in Düsseldorf

Seine bunt-surreale Bildwelt fasziniert Menschen seit Jahrzehnten. Auch die dunkle Seite des jüdischen Malers rückt in den Fokus

 14.03.2025

K20 Kunstsammlung

Ungewöhnliche Werke von Marc Chagall in Düsseldorf zu sehen

Die Ausstellung mit 120 Werken beleuchtet Chagalls Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Armut und Geschlechterrollen

von Nikolas Ender  13.03.2025

Liraz

Das Trillern der Utopie

Die israelische Sängerin ist stolz auf ihre persischen Wurzeln. In Europa kämpft sie mit Konzertabsagen

von Tilman Salomon  13.03.2025

Kino

Der Wandel des »Ka-Tzetnik«

Eine Doku widmet sich dem Schoa-Überlebenden Yehiel De-Nur und seiner Auseinandersetzung mit dem »Planeten Auschwitz«

von Dietmar Kanthak  13.03.2025

Kino

Bonhoeffers Vermächtnis »verfälscht und missbraucht«

In seinem umstrittenen Film stilisiert der amerikanische Regisseur Todd Komarnicki den Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer zu einer Erlöserfigur im Kampf gegen den nationalsozialistischen Terror

von Raimund Gerz  13.03.2025

Rechtsextremismus

Braune Musik verbreitet Hass: Rechtsrock in Deutschland

Rechtsextreme Musik trifft bei etlichen auf offene Ohren. Beobachter warnen: Die Rechtsrock-Szene blüht. Und sie kann ein »Türöffner« sein für rechtsextremistische Ideologien

von Alexander Lang  13.03.2025

Aufgegabelt

Hamantaschen mit Mohn

Rezepte und Leckeres

 13.03.2025

Pädagogik

Sicherheit vermitteln

Welche Herausforderungen der 7. Oktober mit sich bringt: Religionslehrer suchen Antworten auf schwierige Fragen beim jährlichen Treffen an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg

von Ayala Goldmann  14.03.2025 Aktualisiert