Dass die Worte auf dem Begrüßungsschild der Schule für Regisseurin Yael Reuveny wie eine Drohung klangen, leuchtet ein. »Der Mensch ist nichts als die Form der Landschaft seiner Heimat«, stand da. Eine vereinnahmende Formel, die, genährt aus der Geschichte Israels, einen Anspruch an die dritte Generation nach der Schoa formuliert: sich mit allem, was man hat, für sein Land einzusetzen. Dieser Anspruch an die titelgebenden Kinder der Hoffnung ist zugleich eine große Bürde.
Regisseurin Reuveny (40) verließ Israel vor 15 Jahren, um in Berlin zu leben. Getrieben wurde sie von dem Wunsch, aus der Konformität auszubrechen, und einer gewissen Exilromantik.
KLASSENKAMERADEN In Kinder der Hoffnung verbindet sie ein Generationenporträt mit der Geschichte Israels. Sie besucht alte Klassenkameradinnen und -kameraden und spricht mit ihnen über damals und heute. Der Film ist auch eine Studie über das Vergehen der Zeit, wenn die Kindergesichter auf dem alten Klassenfoto den heute vom Leben Gezeichneten gegenübergestellt werden.
Bei den meisten folgten auf den Militärdienst Hochzeit und schließlich Kinder.
Bei den meisten folgten auf den Militärdienst Hochzeit und schließlich Kinder. Etwas anderes sei gar nicht denkbar gewesen. »In Israel Single zu sein, macht keinen Spaß«, erklärt die einzige Partner- und Kinderlose in der Runde. Ein Augenarzt, der mit seinem Mann und drei Kindern von einer Leihmutter zusammenlebt, lässt durchklingen, dass das Leben außerhalb der familiären »Bubble« schwierig sei.
KINDERWUNSCH Die knackigen, teils sehr persönlichen Kurzporträts liefern ein diverses Generationen- und Meinungsbild. Reuveny selbst erzählt von ihrem Patchwork-Leben und dem bisher unerfüllt gebliebenen Kinderwunsch.
Daneben geht es um die Geschichte ihrer Heimatstadt Petach Tikwa. Reuveny erzählt von den Eltern, die als Geflüchtete ankamen, die erlebten, wie sich die »zionistische Bilderbuchwelt« in ein »Mittelklasse-Paradies« verwandelte, und die gezeichnet waren vom Sechstagekrieg und der permanenten Angst, ihr Land wieder zu verlieren.
Der Krieg ist allgegenwärtig, auch in der eigenen Sozialisation: die Intifada, die Libanonkriege und »immer wieder Gaza«. Um Yitzhak Rabin – am 26. Jahrestag des Attentats vom 4. November startet Kinder der Hoffnung in den Kinos – habe sie, Yael Reuveny, kindlich getrauert. »Wir sind die erste Generation, die die Hoffnung erlebte. Aber auch die erste, die sie verlor.«
Der Dokumentarfilm »Kinder der Hoffnung« läuft am 4. November in den Kinos an.