»Rede nie mit fremden Leuten«, hatte dem kleinen Leibl Zeiger sein Vater eingeprägt. Doch der Junge hielt sich nicht an den Rat. Er ging zum Radio. Bei einer Lokalstation in Miami Beach wurde Zeiger 1957 Moderator und nannte sich »Larry King«. Sein richtiger Name war dem Sender zu jüdisch.
Fast wäre die Medienkarriere gleich zu Anfang beendet gewesen. King, aufgewachsen in einem Viertel von Brooklyn, wo kaum Christen lebten, hatte im Studio eines Tages einen katholischen Priester zu Gast. Der 22-Jährige, der bis dahin nur Rabbiner kannte, fragte den Pfarrer ganz unschuldig, wie viele Kinder er habe. »Den Gesichtsausdruck werde ich mein Leben lang nie vergessen!«
promigäste So etwas könnte King heute nicht mehr passieren. Als Gastgeber der Interviewsendung Larry King live auf CNN, die er seit 1985 moderiert – die am längsten laufende TV-Gesprächsendung aller Zeiten, ausweislich des Guinness-Buchs der Rekorde – hat er eine eigene Dokumentationsabteilung, die alles, was King über seine Gäste wissen muss, für ihn recherchiert. Rund 50.000 Interviews hat King bei CNN geführt. Der Mann mit den Hosenträgern und der 70er-Jahre-Hornbrille ist eine US-Medieninstitution. In seinem Studio haben sämtliche US-Präsidenten seit Richard Nixon gesessen, ebenso ausländische Staats- und Regierungschefs wie Michail Gorbatschow, Muammar al Ghaddafi und Yitzhak Rabin – letzterer im Dreierpack, zusammen mit Jassir Arafat und König Hussein von Jordanien. Auch Popkulturgrößen waren bei King zu Gast, von Frank Sinatra über Paul McCartney und Johnny Cash bis zu Anna Nicole Smith.
kulturjude Geboren wurde der TV-Star 1933 als Sohn osteuropäischer Einwanderer. Die Zeigers waren fromme Juden. Sohn Leibl zum Leidwesen der Eltern nicht. Er schwänzte den Religionsunterricht, was ihm eine Ohrfeige seines Vaters eintrug, an die King sich bis heute erinnert. Viel Wirkung hatte die Strafe offenbar nicht. Der Fernsehmann geht zwar an den Hohen Feiertagen in die Synagoge – »aus Respekt vor meinen Eltern«, versteht sein Judentum ansonsten aber mehr kulturell als religiös. Er liebt den jüdischen Humor und die talmudische Tradition des Hinterfragens. Seine Lieblingsstadt ist Jerusalem, obwohl er die israelische Sicherheitspolitik skeptisch betrachtet. Und er hält immerhin eine Regel der Kaschrut ein: Fleisch und Milch kommen ihm nicht zusammen auf den Esstisch. »Schinken immer, aber nicht mit Milch – da kippe ich um.«
Jetzt geht der Promi-Befrager, der so prominent geworden ist wie seine Gäste, in den Ruhestand. Im September will der 77-Jährige nach 25 Jahren aufhören. Eine neue Beschäftigung hat King schon. Er steigt in eine Firma ein, die New Yorker Wasser für die Produktion von Bagels exportiert – anders schmecken sie nicht richtig, sagt er. Da ist Larry King ganz der Junge aus Brooklyn geblieben.