Der US-Rapper Kanye West hat im Laufe seiner Karriere nie mit kontroversen Manövern gespart. Im Internet lassen sich seine verstörenden Aktionen inzwischen in langen Listen chronologisch nachvollziehen. Manche dieser Aktionen lösten irritiertes Schmunzeln aus, mit anderen überschritt er moralische Grenzen aber so sehr, dass vielen das Lachen verging. Mit seinen antisemitischen Verschwörungserzählungen ging er nun noch weiter.
In der vergangenen Woche postete Kanye West via Instagram einen Beitrag, in dem er seinem Musikerkollegen Sean »Diddy« Combs unterstellte, von Juden kontrolliert zu werden. Dass Juden andere, gar die ganze Welt, im Geheimen kontrollieren – eine gängige antisemitische Erzählung. Innerhalb weniger Stunden hatte Instagram den Beitrag entfernt und sein Konto gesperrt.
Das hielt den 45-Jährigen aber nicht davon ab, seinen Antisemitismus auf Twitter fortzusetzen. Dort schrieb er, dass er auf »Death con 3 gegenüber jüdischen Menschen« gehe und spielte damit auf den Alarmzustand der Streitkräfte der USA an. Außerdem schrieb er, dass er ja gar nicht antisemitisch sein könne, weil Schwarze auch Juden seien.
Auch Twitter löschte diese Beiträge, sein Account mit rund 30 Millionen Followern wurde allerdings nicht blockiert. So konnte der Musiker noch nach dem Entfernen seiner Tweets posten: »Was glaubt ihr, wer diese Cancel Culture kreiert hat?«.
Manche wollen diese Ausfälle mit seiner bipolaren Störung entschuldigen oder sie vor dem Hintergrund seiner musikalischen Errungenschaften aushalten. Ted Deutch, CEO des American Jewish Committee, hat diese Rechtfertigungen satt.
In einem Statement erklärte er: »West hat zugegeben, dass er an einer bipolaren Störung leidet, aber eine geistige Erkrankung ist keine Entschuldigung für Antisemitismus.« Mit seinen Kommentaren habe West in einer Zeit, in der Antisemitismus und andere Hassverbrechen auf der ganzen Welt auf ein alarmierendes Niveau gestiegen sind, den Hass gegen Juden effektiv gefördert, so Deutch. Von Twitter und Instagram fordert er, die eigenen Richtlinien zum Verbot von Hassreden zu befolgen und »Wests antijüdischen Hass von ihren Kanälen fernzuhalten.«
Kanye West habe den Hass gegen Juden effektiv gefördert, so Ted Deutch.
CEO des American Jewish Committee
Doch nicht nur Fans schützen ihren Kanye West, sondern auch große US-Medien, wie das Online-Magazin »Vice« offenlegte. West sorgte vor seinen antisemitischen Kommentaren bereits auf der Pariser Fashion Week für Empörung, als er sich dort mit einem »White Lives Matter«-Shirt zeigte und damit die rassistische Antwort auf die Black-Lives-Matter-Bewegung unterstützte. Der US-amerikanische Nachrichtensender Fox News lud ihn daraufhin zu einem Interview ein.
In dem final ausgestrahlten Gespräch betonte der Musiker, dass sein Outfit bei der Fashion Week von Gott inspiriert gewesen sei und stellte Verschwörungstheorien zu dem Amoklauf an der Robb Elementary School im Mai 2022 auf. Antisemitische Kommentare waren in dem Zusammenschnitt allerdings nicht zu finden. Jetzt kam heraus, warum: Der Sender schnitt sämtlichen Antisemitismus aus dem Gespräch heraus.
In dem ungeschnittenen Filmmaterial ist nun zu hören, dass West es vorziehen würde, wenn seine Kinder anstatt des afroamerikanischen Kwanzaa-Festes lieber Chanukka kennenlernen sollten, weil »es mit etwas Finanztechnik verbunden ist.« An anderer Stelle sagte er, er vertraue mehr auf die Arbeit mit »Latinos« als mit »gewissen anderen Geschäftsleuten.«
Der Sender schnitt sämtliche judenfeindliche Aussagen von West aus dem Gespräch heraus.
West behauptete zudem, dass die Organisation »Planned Parenthood«, aus der später der deutsche Ableger »Pro Familia« hervorging, in Verbindung mit dem Ku-Klux-Klan gegründet wurde, um »die jüdische Bevölkerung zu kontrollieren.«
Er deutete zudem an, dass Schwarze die wahren Juden seien. Das Gespräch führte der Journalist Tucker Carlson, der unter anderem für rechte Hetze und verschwörungsideologische Kommentare bekannt ist. Auch Fox News selbst wird immer wieder für die Verbreitung von Desinformation und Fake News kritisiert.
Schon auf seinem Album »Yeezus« (2013) sang Kanye West: »Ich bin ein Gott.« Welche Entgleisungen er sich mit dieser Selbstwahrnehmung in Zukunft noch leisten wird, bleibt offen. Gerechnet werden muss aber offensichtlich mit allem.