Die Süddeutsche Zeitung ist hingerissen. Shahak Shapira, der in Berlin lebende israelische Comedian, nimmt sich auch die eigenen Leute vor. »Der jüdische Gott«, zitiert ihn das Blatt, »verarscht die Juden doch nur. Er hat sie 40 Jahre durch die Wüste laufen lassen, nur um sie an den einzigen Fleck im Nahen Osten zu bringen, an dem es kein Erdöl gibt.« »So tough kann lustig sein«, schreibt die Süddeutsche.
So abgestanden vor allem kann ein Witz sein. Shapira ist 31, der Joke mindestens doppelt so alt. Jeder, der je in Israel war, hat ihn schon mindestens ein Dutzend mal gehört. Er zählt dort zum Standardrepertoire von Reiseleitern und Taxifahrern. Gibt man ihn bei in der englischsprachigen Wikipedia ein, taucht er mit dem Eigenschaftswort »old« auf. Profi-Entertainern in Tel Aviv oder Jerusalem käme die olle Kamelle nicht von den Lippen. Auch nicht in New York oder L.A. Das Publikum würde bestenfalls gähnen.
»So tough kann lustig sein«, schreibt die Süddeutsche. Ernsthaft?
ZDF Aber in Deutschland kann man mit Gags aus der jüdischen Recycling-Tonne Karriere machen. Shapira tritt vor ausverkauften Hallen auf. Und ab kommendem Dienstag bekommt er sogar eine eigene Fernsehshow bei ZDFneo. »Er ist ausgezogen, die Deutschen das Lachen zu lehren«, begeistert sich der SZ-Reporter: »Er will nicht weniger, als diesem sachlichen Land eine neue Humorkultur beibringen.« Mit uralten Witzen.
Shahak Shapira kann man das nicht einmal vorwerfen. Er tut nur das, was jeder Anbieter in einer Marktwirtschaft macht: Er bedient die Nachfrage. Und die ist im deutschen Comedygeschäft augenscheinlich, nennen wir es einmal: niederschwellig. Die Deutschen ähneln, wenn es um Humor geht, jüdischen Humor zumal, den legendären Eingeborenen auf Südseeinseln, die sich bunte Glasperlen als Preziosen andrehen lassen.
Shapira ist nicht der Einzige, der das erkannt hat. Auch bei Oliver Polak, der schon vorher die Marktnische »jüdische Comedy« besetzte, entdeckt man im Gagrepertoire immer wieder gute, alte Bekannte. Doch weil es in Deutschland aus bekannten Gründen kaum jüdische Kultur im Alltag gibt, findet das hiesige Publikum die schalen Scherze höchst originell. Da verhalten sich die Entertainer nicht anders als Banker.
»Old Jews Telling Jokes«: Die Männer und Frauen, die dort auftreten, sind zwar alt. Aber ihre Witze sind frisch.
PLAGIAT »Stupid German Money« ist an der Wall Street ein gängiger Begriff. Deutsche Anleger, heißt es dort, kaufen dankbar noch Papiere, die man selbst betagten Rentnern in Palm Beach nicht mehr aufschwatzen kann. Analog gibt es offenbar auch »Stupid German Audiences« und »Stupid German TV Stations«. Nicht zu vergessen »Stupid German SZ-Reporters«.
Dass Comedians ihre Gags woanders klauen, gehört zum Geschäft. Aber auch beim Plagiieren kann man kreativer sein. Ein Tipp für Shahak Shapira: Er sollte sich für sein Programm bei der amerikanischen Website »Old Jews Telling Jokes« bedienen. Die Männer und Frauen, die dort auftreten, sind zwar alt. Aber ihre Witze sind frisch. Bei ihm ist es umgekehrt.