Berlin

Jüdisches Museum sucht neuen Direktor

Erklärte am Freitag seinen Rücktritt als Direktor des Jüdischen Museums Berlin: Peter Schäfer Foto: Yves Sucksdorff

Rund ein Jahr vor der geplanten Eröffnung seiner neuen Dauerausstellung braucht das Jüdische Museum Berlin einen neuen Direktor.

Nach dem Rücktritt des bisherigen Leiters Peter Schäfer (75) wird nun ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gesucht, wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) ankündigte.

Kontroverse Schäfer war am Freitag nach heftigen Kontroversen von seinem Amt zurückgetreten, um weiteren Schaden vom Museum abzuwenden.

Grütters nahm den Rücktritt an. Sie wird für nächste Woche den Stiftungsrat des JMB zu einer Sondersitzung einberufen.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters nahm den Rücktritt an. Sie wird für nächste Woche den Stiftungsrat des JMB zu einer Sondersitzung einberufen.

Abschluss Zu dem Rücktritt von Peter Schäfer, der das Museum fünf Jahre lang leitete, sagte sie: »Ich respektiere die Entscheidung von Professor Peter Schäfer, mit sofortiger Wirkung von seiner Position als Direktor der Stiftung Jüdisches Museum Berlin zurückzutreten. Ich danke ihm für seine Arbeit und bin zuversichtlich, dass das Team des Jüdischen Museums die von Professor Schäfer angestoßenen Projekte, insbesondere die neue Dauerausstellung und den Bau eines Kindermuseums, zu einem guten Abschluss bringen wird.«

Der Stiftungsrat und die eingesetzte Findungskommission würden ihre bereits eingeleitete Suche nach einer neuen Direktorin oder einem neuen Direktor fortsetzen, so Grütters weiter. Alle Verantwortlichen müssten dazu beitragen, dass sich das Jüdische Museum Berlin wieder auf seine inhaltlich wichtige Arbeit konzentrieren könne. Die Leitung übernehme der Geschäftsführende Direktor Martin Michaelis, bis ein Nachfolger gefunden sei.

Das Museum stand bereits in der Vergangenheit wiederholt massiv in der Kritik.

Das Museum stand bereits in der Vergangenheit wiederholt unter anderem massiv wegen seiner Nähe zur BDS‐Bewegung, der Einladung eines hohen Vertreters des iranischen Regimes und der Jerusalem‐Ausstellung in der Kritik.

ZENTRALRAT Der Zentralrat der Juden begrüßte die Entscheidung Peter Schäfers, als Direktor des Jüdischen Museums zurückzutreten: »Es ist ein wichtiger Schritt, um weiteren Schaden von der Institution abzuwenden.« Das Museum sei derzeit in einer wichtigen Phase der Neuaufstellung, in der die neue Dauerausstellung konzipiert und die Kinderausstellung gebaut werde. »Diese Projekte müssen nun zu einem guten Abschluss geführt werden«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Anfang vergangener Woche hatte der Zentralrat Peter Schäfer indirekt vorgeworfen, seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen zu sein. »Das Vertrauen der jüdischen Gemeinschaft hat die Leitung des Hauses verspielt«, sagte Josef Schuster. »Das Maß ist voll. Das Jüdische Museum Berlin scheint gänzlich außer Kontrolle geraten zu sein.» Unter diesen Umständen müsse man darüber nachdenken, ob die Bezeichnung «jüdisch» noch angemessen sei.

Hintergrund war ein Tweet des Museums in der vorvergangenen Woche. Darin verwies die Presseabteilung auf eine Erklärung von 240 israelischen und jüdischen Wissenschaftlern, die gegen den Anti-BDS-Beschluss des Bundestages Stellung bezogen hatten.

Die BDS-Bewegung ist laut Bundestag in ihren Zielen und Handlungen antisemitisch und israelfeindlich. Diese Einschätzung wird ebenso vom Zentralrat der Juden als auch von den Antisemitismusbeauftragten auf Bundes- und Länderebene geteilt.

Kritik Der Zentralrat der Juden hatte noch am Freitagmittag seine Kritik an Museumsdirektor Peter Schäfer bekräftigt. Er fände es »nicht schlecht, wenn es künftig eine jüdische Leitung im Jüdischen Museum Berlin gibt«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der Berliner »tageszeitung (taz)« vom Samstag. Dies sei »nicht zwingend«. Aber das Jüdische müsse im Haus »mehr Einfluss haben«.

Der Zentralrat der Juden hatte noch am Freitagmittag seine Kritik an Peter Schäfer bekräftigt.

Diskussionen Schäfer hatte dagegen am Donnerstag auf die Kritik am Museum betont, es sei Aufgabe des Hauses, ein Forum für Diskussionen auch über strittige Fragen anzubieten. Offenbar gehörte für Schäfer dazu auch die Frage, ob die Verurteilung der israelfeindlichen und antisemitischen BDS-Bewegung sinnvoll ist.

Unterdessen hat sich auch der Jüdische Weltkongress (WJC) zum Vorgang geäußert. WJC-Präsident Ronald Lauder begrüßte in einer Mitteilung vom Montag den Rücktritt des Direktors des Jüdischen Museums in Berlin, Peter Schäfer: »Wir brauchen keine Leiter von jüdischen Institutionen, die sich mit der BDS-Bewegung identifizieren«, so Lauder.

WJC »Ich bin schon mein ganzes Leben lang sehr involviert in der Museumswelt – sowohl jüdisch als auch darüber hinaus – und es tut mir sehr weh zu sehen, wie das Jüdische Museum in Berlin immer wieder sein Mandat überschritten hat und auf so eine gefühllose Art seine Meinung zu dieser Sache abgegeben hat«, sagte WJC-Präsident Lauder weiter.

Peter Schäfer wurde 1943 in rheinischen Hückeswagen geboren. Nach dem Studium der katholischen Theologie, Philosophie und Judaistik in Bonn, Jerusalem und Freiburg wurde er 1968 in Judaistik promoviert. 1973 habilitierte er sich an der Universität Frankfurt am Main.

Anschließend lehrte er an den Universitäten Tübingen und Köln sowie von 1983 bis 2008 an der Freien Universität Berlin. Ab 1998 war er Inhaber des Ronald O. Perelman‐Lehrstuhls an der Princeton University. Von 2005 bis 2013 leitete Schäfer das Studienprogramm in Judaistik in Princeton. Für sein Werk wurde er 1994 mit dem Leibniz‐Preis geehrt.  ja/epd

Theater

Wenn Schicksale sich reimen

Yael Ronens »Replay« erzählt die Geschichte einer DDR-Familie in Zyklen

von Leonie Ettinger  22.12.2024

Gute Vorsätze

100 Prozent Planerfüllung

Warum unsere Redakteurin 2025 pünktlicher sein will als die Deutsche Bahn

von Katrin Richter  22.12.2024

Meinung

Eine Replik von Eva Menasse auf Lorenz S. Beckhardts Text »Der PEN Berlin und die Feinde Israels«

von Eva Menasse  21.12.2024

Hessen

Darmstadt: Jüdische Gemeinde stellt Strafanzeige gegen evangelische Gemeinde

Empörung wegen antisemitischer Symbole auf Weihnachtsmarkt

 19.12.2024 Aktualisiert

Kino

Film-Drama um Freud und den Lieben Gott

»Freud - Jenseits des Glaubens« ist ein kammerspielartiges Dialogdrama über eine Begegnung zwischen Sigmund Freud und dem Schriftsteller C.S. Lewis kurz vor dem Tod des berühmten Psychoanalytikers

von Christian Horn  19.12.2024

TV-Tipp

»Oliver Twist«: Herausragende Dickens-Verfilmung von Roman Polanski

Sittengemälde als düstere Bestandsaufnahme über die geschilderte Zeitperiode hinaus

von Jan Lehr  19.12.2024

Literatur

Gefeierter Romancier und politischer Autor: 150 Jahre Thomas Mann

Seine Romane prägten eine Epoche und werden noch heute weltweit gelesen. Zugleich war Thomas Mann auch ein politischer Autor, woran im Jubiläumsjahr 2025 zahlreiche Publikationen erinnern

von Klaus Blume  19.12.2024

Glosse

Kniefall 2.0

Ist Markus Söder jetzt alles Wurst oder erfüllt er nur die Erwartungen der jüdischen Gemeinschaft?

von Michael Thaidigsmann  19.12.2024

Aufgegabelt

Einstein-Lachs-Tatar

Rezept der Woche

 19.12.2024